Russland: Hilfe für Sozialwaisen in Kaliningrad
Seit über 20 Jahren leben und arbeiten Katharinenschwestern aus Polen in der russischen Exklave Kaliningrad, dem früheren Ostpreußen. Ihre Gründerin, die selige Regina Protmann (1552-1613) stammte aus dem ostpreußischen Braunsberg (heute Braniewo/Polen). Im benachbarten Heiligenbeil (heute Mamonowo/Russland) soll ihr Sterbeort sein. Das dortige Schwesternhaus der Katharinenschwestern wurde in den 1990er Jahren Anlaufstelle für bedürftige Kinder und sozial schwache Familien. 15 Kinder und Jugendliche leben heute zusammen mit den Ordensfrauen in dem Haus. In unmittelbarer Nachbarschaft errichtete die Caritas Kaliningrad ein Sozialzentrum mit Kindergarten, Küche und Betreuungsangeboten. Viele bedürfte Familien in der Umgebung müssen von den Schwestern mit dem Lebensnötigen versorgt werden. Ohne die regelmäßige Unterstützung durch den Diözesan-Caritasverband Paderborn wäre diese Hilfe nicht möglich.
Syrien: Beim Neustart helfen
In einem zerstörten Land überleben und einen Neustart wagen, darum geht es zurzeit in Syrien. Ordensschwester Annie Demerjian versucht mit ihrem Helferteam, Menschen in Aleppo, Damaskus und andernorts zu unterstützen.
Die Menschen in Syrien brauchen vor allem eins: Arbeit. In Maalula, einem Bergdorf nordöstlich von Damaskus, das überwiegend von Christen bewohnt wird, hat Schwester Annie eine kleine Textilfabrik gegründet, in der rund 30 Menschen eine Anstellung gefunden haben. Produziert wird vor allem Unterwäsche. Aufträge erhält die kleine Fabrik überwiegend von Hilfsorganisationen, die die Kleidung an die verarmte Bevölkerung verteilen. Probleme verursachen die häufigen Stromausfälle. Deswegen überlegen die Ordensschwestern, die kleine Fabrik mit Solarzellen auszustatten. "Dafür fehlen uns allerdings noch die Mittel", sagt Schwester Annie.
Ein wichtiger Bestandteil der Hilfe der kleinen Ordensgemeinschaft, die in Damaskus nur vier Schwestern zählt, ist die Einzelfallhilfe vor allem im zerstörten Aleppo, die von einem zehnköpfigen Helferteam geleistet wird. Denn besonders Alte, Kranke und Behinderte leiden unter den nach wie vor katastrophalen Bedingungen. "Wir unterstützen dort zum Beispiel die kleine Familie eines blinden Mannes. Ohne uns könnte die Familie nicht überleben." Dabei tut der Mann alles, um den Lebensunterhalt selbst zu verdienen. So flicht er kunstvoll kleine Körbe, die Schwester Annie ihm etwa für die Osterfeierlichkeiten abkauft. "Wir versuchen solch kleine Arbeitsgelegenheiten zu schaffen", damit die Menschen wieder eine Perspektive bekommen", erklärt sie. Im Rahmen dieser Hilfen unterstützt sie aktuell mit Hilfsgeldern aus Paderborn knapp 750 Familien in Aleppo und 75 in Damaskus bei den Heizkosten im Winter und weitere 80 Familien, die die hohen Mietkosten nicht aufbringen können.
Ein neues Projekt der Schwestern für die Kinder ist eine Musikschule in einem Armenviertel von Damaskus. "Wir setzen auf die heilende Wirkung der Musik", erklärt Schwester Annie. "Wir erhoffen uns, dass die Beschäftigung mit Musik die inneren Spannungen der Kinder abbaut und indirekt für Heilung sorgt." Das Projekt ist zunächst auf fünf Jahre angelegt. Den Kindern sollen zehn Instrumente zur Auswahl stehen und im Idealfall aus den Schülern ein kleines Orchester gebildet werden. Die Schwestern hoffen, dafür die nötige finanzielle Hilfe zusammenzubekommen. "Es gibt sehr viel zu tun", sagt Schwester Annie. "Aber in kleinen Schritten geht es voran."
Ukraine: kleine Kirche, große Wirkung
Nur 60.000 Katholiken leben im Bistum Charkiw-Saporischschja, der flächenmäßig größten römisch-katholischen Diözese im Osten der Ukraine. Vom Krieg, der hier seit 2014 tobt, ist das Bistum direkt betroffen. Einige Kirchengemeinden liegen sogar in den umkämpften Separatistengebieten. Trotz der geringen Mitgliederzahl und eingeschränkter Ressourcen entfaltet die Kirche beachtliche Aktivitäten.
An erster Stelle steht die Hilfe für Kriegsflüchtlinge. Mehr als 10.000 Betroffene erhalten pro Jahr in der Millionenstadt Charkiw medizinische und psychologische Hilfe. 2014 wurde dafür ein Sozialzentrum mit Hilfe des Diözesan-Caritasverbandes Paderborn direkt neben der Bischofskirche errichtet. Zwischen 70 und 100 Bedürftige erhalten dort täglich eine warme Mahlzeit oder auch eine heiße Dusche. Schuhe und Kleidung werden kostenlos abgegeben. Bedürftigen Familien steht eine Tagesstätte für Kinder offen.
"Unser Sozialzentrum ist immer voller Leute", berichtet Bischof Stanislav Szyrokoradiuk, Moderator der nationalen römisch-katholischen Caritas ("Caritas spes"). Die Perspektive für die Flüchtlinge aus dem Osten des Landes sei gut. Als Binnenflüchtlinge seien sie leicht zu integrieren. Zudem brauche die Industriestadt Charkiw Arbeitskräfte. "Doch viele alleinstehende junge Mütter aus dem Kriegsgebiet wissen nicht wohin." Für sie hat die Kirche ein Haus zur Verfügung gestellt, in dem sie lernen, selbständig und eigenverantwortlich zu leben.
Neben Flüchtlingen stehen zurzeit bei der Caritas Ukraine andere Benachteiligte der Gesellschaft im Blick: Kinder mit Behinderungen. Für sie gibt es kaum soziale Hilfen. Nach wie vor werden als Folge der Tschernobyl-Katastrophe viele Kinder mit Missbildungen geboren. In dem kleinen Dorf Saritschany, rund 150 Kilometer westlich der Hauptstadt Kiew, möchte Bischof Szyrokoradiuk ein Erholungszentrum für behinderte Kinder aus der ganzen Ukraine bauen - mit Unterstützung aus Paderborn. "Etwa 200 Kinder sollen sich dort pro Monat erholen können", berichtet er. "Behinderte Kinder leben in der Ukraine in großer Isolation." Bischof Szyrokoradiuk will deshalb behinderte mit nichtbehinderten Kindern zusammenbringen. Das Haus bildet eine Ergänzung zu einem Kinderdorf in Jablunitsa in den ukrainischen Karpaten, das der Diözesan-Caritasverband schon seit 1996 unterstützt.
Für den agilen Bischof selbst hat der Papst eine besondere Herausforderung vorgesehen. Im Herbst 2019 wurde er Bischof der Diözese Odessa-Simferopol. Einen Teil seiner neuen Diözese wird er nicht besuchen können: Auf der Krim, die von Russland annektiert wurde, ist er nicht willkommen. "Da müsste ich mit Verhaftung rechnen", sagt der Bischof, der sich bei der friedlichen Revolution 2014 gegen einen Anschluss des Landes an Russland engagierte. Auch in den umkämpften Gebieten Donetzk und Luhansk im Osten der Ukraine, wohin Bischof Szyrokoradiuk auch nicht reisen kann, sind Priester vor Ort und geben den Mitgliedern der sieben Gemeinden dort Trost und Hoffnung. "Die Leute brauchen dringend auch geistliche Hilfe und moralische Unterstützung", erklärt der Bischof.