Erklärungsansätze für Ablehnungshaltungen und Ungleichwertigkeitsvorstellungen
Im Folgenden eine Zusammenfassung von Erklärungsansätzen für Ablehnungshaltungen und Ungleichwertigkeitsvorstellungen.
- Ein fortschreitender Individualisierungstrend und die damit verbundene gesellschaftliche Zersplitterung bei gleichzeitiger Abnahme des familialen Unterstützungsbedarfs bzw. des familialen Unterstützungspotenzials führen zu Ablehnungshaltungen, Ungleichwertigkeitsvorstellungen und zu "Rechtsschwenks" in Teilen der Bevölkerung
- Es gibt eine Suche nach neuen Formen der Einbindung in nationale, ethnische oder kulturelle Gruppen, ein Bedürfnis nach identitätsbildender Vergewisserung durch Rückbesinnungen auf den Nationalstaat und Zuflucht zu Konstrukten wie "Volksgemeinschaft".
- Eine Ökonomisierung des Sozialen und die Veränderung der staatlich organisierten sozialen Sicherungssysteme führen dazu, dass Teile der Bevölkerung sich durch die Finanzierungserfordernisse der staatlich organisierten Fürsorge für "Schwächere" über Gebühr belastet fühlen. Es entwickeln sich negative Haltungen gegenüber unliebsame Konkurrenten auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt.
- Die Ungleichheit von Lebenslagen und die Verschärfung der Gegensätze zwischen wohlhabenden und armen Menschen führen dazu, dass auch Mittelschichtsangehörige sich zunehmend von sozialem Abstieg bedroht sehen. Relativ unabhängig von der eigenen objektiven Lebenslage verbreitet sich ein Gefühl, im Verteilungskampf um wichtige Ressourcen bereits verloren zu haben oder zukünftig den Kürzeren zu ziehen.
- Teile der Bevölkerung sehen sich durch Parlamente, weitere politische Instanzen (z.B. Gerichte) und die dort Verantwortlichen nicht mehr (adäquat) vertreten. Zudem erleben sie teilweise den Nationalstaat in seiner Handlungsfähigkeit durch inter- und supranationale Strukturen unverhältnismäßig stark eingeschränkt. Dies führt zu einem Gefühl des Verlustes von Kontrolle und zur Beeinflussbarkeit.
- Die zunehmende Globalisierung, Migration und Flucht aufgrund von Verfolgung, Kriegswirren, Naturkatastrophen und wirtschaftliche Not und eine zunehmende Heterogenisierung der Bevölkerung führen zu Bedrohungsgefühlen und auch zu einem Gefühl des Verlustes von Kontrolle und einer Beeinflussbarkeit.
Es ist vor allem die wechselseitige Beeinflussung der verschiedenen Entwicklungen, die die Komplexität der gesellschaftlichen Prozesse erhöht und Veränderungen in zentralen gesellschaftlichen Bereichen mit sich bringt.