Sie sind vielfach hoch motiviert, haben teils beachtliche Berufserfahrung und die Erlaubnis, arbeiten zu dürfen: Dennoch stehen die Frauen unter den Flüchtlingen vor erheblichen Barrieren, die ihnen den Einstieg in den Arbeitsmarkt erschweren. Das zeigt der aktuelle Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW. "Da muss sich dringend etwas ändern", sagt der Vorsitzende des Ausschusses "Arbeit/Arbeitslosigkeit" der Freien Wohlfahrtspflege in NRW, der Paderborner Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig.
Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) bezogen Ende 2019 in den Kreisen und Kommunen im Erzbistum Paderborn 17.376 weibliche Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter Hartz-IV-Leistungen (knapp 69.600 in NRW), aber nur 2.117 wurden mit einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme gefördert (7.300 in NRW). Die Frauen unter den Flüchtlingen sind laut Arbeitslosenreport im Vergleich zu den Männern bei der arbeitsmarktpolitischen Förderung deutlich unterrepräsentiert. Der Frauenanteil in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen im Erzbistum Paderborn beträgt lediglich 22,4 Prozent, deutlich weniger als der Anteil der Frauen an den Arbeitslosen (35,8 Prozent). "Es sind mehr Anstrengungen nötig, damit geflüchtete Frauen bei der Förderung in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gleichberechtigt werden", meint Josef Lüttig. Mehr als drei Viertel dieser Frauen leben in einer SGB-II-Bedarfsgemeinschaft mit einem oder mehreren Kindern. Deshalb seien mehr bedarfsorientierte und flexible Angebote der Kinderbetreuung und Bildungs- und Qualifizierungsangebote in Teilzeit nötig.
Zudem dürfe der Blick nicht nur auf die Einzelperson gerichtet werden, sondern es müsse auch das soziale Umfeld mit in den Blick genommen werden, etwa den Lebenspartner und die Familie. Gerade wenn es um Rollenbilder und Geschlechterstereotype gehe, lernten Kinder von ihren Eltern. "Deshalb ist es wichtig, die zu uns geflüchteten Frauen auf ihrem Weg zu mehr selbstbestimmter Teilhabe am Arbeitsleben zu unterstützen. Dann lernen das gleich auch die Kinder für ihre eigene Zukunft", so Lüttig.
Er warnt auch davor, geflüchteten Frauen pauschal fehlende Bildung und mangelnde Kompetenzen zu unterstellen. Die Datenbasis der Bundesagentur für Arbeit weise da deutliche Lücken auf. So fehlten in der Statistik bei 31,1 Prozent der geflüchteten Frauen aus den Kreisen und Kommunen im Erzbistum Paderborn Angaben zum Schulabschluss. "Da muss dringend nachgebessert werden", fordert Lüttig. Aus den Diensten und Einrichtungen der Caritas und der anderen Wohlfahrtsverbände sei bekannt, dass viele weibliche Flüchtlinge aus ihren Herkunftsländern durchaus beachtliche Berufserfahrung mitbringen. "Die wird jedoch im hochdifferenzierten und stark segmentierten deutschen System der beruflichen Bildung oft nicht anerkannt", kritisiert Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig.
Zahlen zu den meisten Kreisen und kreisfreien Städten in NRW unter www.arbeitslosenreport-nrw.de
Hintergrund "Arbeitslosenreport NRW"
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den "Arbeitslosenreport NRW". Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet unter www.arbeitslosenreport-nrw.de heruntergeladen werden. Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) der Hochschule Koblenz.
In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich 16 Spitzenverbände in sechs Verbandsgruppen zusammengeschlossen. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bieten die Verbände eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Als eine der Verbandsgruppen vertritt die Caritas in NRW die fünf Diözesan-Caritasverbände Paderborn, Aachen, Essen, Köln und Münster.