Der neue Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Erziehungs- und Familienhilfen im Erzbistum Paderborn mit (von rechts): Ines Lammert, Udo Gaden, Ute Stockhausen, Anna Graute-Reinert, Dr. Eva Brockmann, Claudia Englisch-Grothe, Kirsten Franke, Christine Schröer, Stefan Wittrahm (als Geschäftsführer). Es fehlen Dieter Horenkamp, Christiane Treeck und Diözesan-Caritasdirektor Ralf Nolte. (Foto: cpd)
Die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland befindet sich in "Zeiten der Transformation" und muss mit multiplen Krisen umgehen: Da waren sich die rund 70 Teilnehmer der Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft der Erziehungs- und Familienhilfen im Erzbistum Paderborn bei einem Treffen im Paderborner Liborianum einig. "Wirtschaftliche Unsicherheiten, soziale Veränderungen oder individuelle Belastungen - all diese Faktoren beeinflussen die Erziehung und das Wohlbefinden unserer Kinder und Jugendlichen maßgeblich", erklärte Diözesan-Caritasdirektor Ralf Nolte in einem Grußwort vor der Arbeitsgemeinschaft der Caritas, deren knapp 2100 Fachkräfte in 91 Einrichtungen und Diensten mehr als 23.000 Kinder, Jugendliche und Familien begleiten. Die Jugendhilfe sei eine unverzichtbare Unterstützung für viele Menschen, aber auch für die Gesellschaft als Ganzes, betonte Nolte. Von dieser Gesellschaft werde das allerdings nicht ausreichend wahrgenommen und unterstützt. "Aber die Erziehungs- und Familienhilfen mit ihren unterschiedlichen hochqualifizierten Angeboten sind eine echte Investition in die Zukunft", betonte Nolte.
Daniel Kieslinger, Geschäftsführer der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Rheinland-Pfalz, betonte vor den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft der Erziehungs- und Familienhilfen im Erzbistum Paderborn, die Kinder- und Jugendhilfe sei für die Gesellschaft eine Investition in die Zukunft.(Foto: cpd/Markus Jonas)
Gastreferent Daniel Kieslinger, Geschäftsführer der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Rheinland-Pfalz, betonte in einem Impulsvortrag unter dem Titel "Zeiten der Transformation - zwischen multiplen Krisen und neuen Fachlichkeiten", jeder junge Mensch in Deutschland habe laut Sozialgesetzbuch ein "Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit". Das sei der maßgebliche Auftrag aller in der Kinder- und Jugendhilfe Tätigen. Zugleich zeichnete er ein Panorama der aktuellen Rahmenbedingungen der Kinder- und Jugendhilfe: Rund 71,9 Milliarden Euro fließen pro Jahr in diesen Bereich, davon mehr als die Hälfte, knapp 46 Milliarden, in Kindergärten. Etwa 17 Milliarden Euro werden für Hilfen zur Erziehung, Inobhutnahme und Eingliederungshilfe ausgegeben. Diese kommen 1,17 Millionen benachteiligten jungen Menschen und ihren Familien zugute. "Das ist wichtig für eine stabile demokratische Gesellschaft", erklärte Daniel Kieslinger. Denn gerade die Benachteiligten seien gefährdet für eine Ansprache durch radikale Parteien.
Probleme für die Kinder- und Jugendhilfe ergeben sich aus einer komplexen Gemengelage - einerseits einer steigenden "Nachfrage" durch mehr Kindeswohlgefährdungen, mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, einen Mangel an Fachkräften und andererseits durch bevorstehende erhebliche Veränderungen der gesetzlichen Lage. So wurde die Verabschiedung des neuen Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetzes (IKJHG) durch das plötzliche Ende der Ampel-Koalition kurzfristig gestoppt und wartet auf seine Verabschiedung durch den neuen Bundestag.
Hinzu komme eine zunehmende Fall- und Systemkomplexität, beispielsweise durch eine steigende Zahl von "Systemsprengern" unter Kindern und Jugendlichen, erklärte Kieslinger: Spezialisierungen bei den Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe könnten zwar zielgenauere Hilfen bieten, verlangten aber zugleich nach neuen fachlichen Qualifikationen und verkomplizierten das Sozialleistungssystem.
Daniel Kieslinger warb dafür, die Kinder- und Jugendhilfe konsequent als Investition in die Zukunft zu verstehen und Verantwortungsgemeinschaften über die Grenzen von Trägern, Schulen, Gesundheits- und Sozialdiensten hinweg zu knüpfen. Leitparadigma müsse eine inklusive, teilhabeorientierte Infrastruktur sein, die durch eine Gesamtstrategie "Kindheit und Jugend" auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene flankiert wird.
Im Rahmen der Mitgliederversammlung bildete sich auch ein neuer Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Erziehungs- und Familienhilfen im Erzbistum Paderborn. Zu diesem gehören Udo Gaden (Caritas Soest), Ute Stockhausen (SkF Lippstadt), Anna Graute-Reinert (Katholische Jugendhilfe Dortmund gGmbH), Dr. Eva Brockmann (Caritas Paderborn), Claudia Englisch-Grothe (Bonny5 Kinder- und Jugendhilfe Paderborn), Kirsten Franke (KSD Dortmund), Christine Schröer (Caritas Hamm), Dieter Horenkamp (SkF Lippstadt), Christiane Treeck (Caritas Meschede) sowie vom Caritasverband für das Erzbistum Paderborn Direktor Ralf Nolte, Fachbereichsleitung Ines Lammert und Stefan Wittrahm (als Geschäftsführer).