"Ich lerne Formulare kennen, die ich selbst nicht verstehe", sagt Hans-Jürgen Alexander (71). Der pensionierte Schulleiter aus Herne-Eickel ist ehrenamtlicher Behördenbegleiter. Das Projekt der Caritas-Konferenzen im Erzbistum Paderborn richtet sich an Personen, die sich unsicher fühlen, wenn sie das Job-Center, die Ausländerbehörde oder ein anderes Amt aufsuchen müssen, Sprachprobleme haben oder schlichtweg das Behördendeutsch nicht verstehen. Dann tut es gut, wenn jemand dabei ist, der zuhört und Fragen stellt. Klingt einfach, hat jedoch auch "Fallstricke", die Hans-Jürgen Alexander in einer Schulung der Caritas vorab kennengelernt hat. So muss die Rolle des Ehrenamtlichen im Vorfeld allen Beteiligten klar sein. "Der ehrenamtliche Begleiter spricht bei der Behörde nicht im Auftrag der begleiteten Person, ist also nicht ihr gesetzlicher Vertreter", weiß Matthias Krieg vom Diözesan-Caritasverband.
Zuhören, nachfragen, aber auch eingreifen, wenn die Kommunikation in der Amtsstube gestört ist, all dies hat Hans-Jürgen Alexander schon praktiziert. "So kommen Sie nicht weiter", musste er beispielsweise einer von ihm begleiteten Frau sagen, die durch ihr forderndes, unhöfliches Auftreten beim Jobcenter negativ auffiel. Obwohl er durch seinen früheren Beruf häufig auch mit sozialen Notlagen zu tun hatte, bietet sein neues Ehrenamt ganz neue Einblicke - und Erfolgserlebnisse. Wie im Fall eines syrischen Flüchtlings, der schon seit einigen Jahren in Deutschland arbeitet und seine Ehefrau aus einem libanesischen Lager nachholen wollte. Dazu waren mehrere Termine bei der Ausländerbehörde nötig. "Beim ersten Mal haben wir zusammen fast vier Stunden in der Warteschlange gestanden." Trotz Sprachschulung wäre der Flüchtling nicht in der Lage gewesen die Formulare zu verstehen. "Das ist schon überfordernd", sagt Hans-Jürgen Alexander.
Wie sehr ein solches Verfahren Flüchtlinge seelisch belastet, hat Alexander hautnah miterlebt. Hier waren auch Mutmacher-Qualitäten gefragt: "Das klappt schon", hat er dem Mann in diesem halben Jahr zwischen Hoffen und Bangen immer wieder gesagt. Und tatsächlich. Auch dank eines positiven Arbeitszeugnisses, das Alexander beim Arbeitgeber des Flüchtlings besorgt hatte, konnte die ersehnte Einreise der Ehefrau ermöglicht werden. Der Dank des Paares war überwältigend.
Nicht immer gibt es ein "Happy-End". Auch damit müssen ehrenamtliche Behördenbegleiter leben, wenn beispielsweise klar wird, dass die Betroffenen eher eine andere Form der Unterstützung brauchen. Bei Hans-Jürgen Alexander war dies bei einem 50-Jährigen der Fall, der sich als Analphabet durchs Leben geschlagen hatte. Kurz bevor Alexander mit ihm gemeinsam eine Erwerbsminderungsrente beim Versicherungsamt beantragen wollte, starb die Mutter des Mannes, was ihn in ein psychisches Loch stürzen ließ. "Hier war letztlich eine rechtliche Betreuung erforderlich." Im Bedarfsfall professionelle Dienste der Caritas- und Fachverbände einzuschalten, ist ein wichtiges Merkmal der ehrenamtlichen Behördenbegleitung. Aber auch Behörden müssen bisweilen daran erinnert werden, dass dieser Dienst freiwillig ist und nicht von den örtlichen Caritas-Konferenzen "angefordert" werden kann, wenn es irgendwo "schwierige Kunden" gibt. Schließlich soll auch dieses caritative Ehrenamt vor allem eins sein: eine bereichernde und befriedigende Form des freiwilligen Engagements.
Info
"Hilfe durch Dich" lautet die aktuelle Kampagne der Caritas im Erzbistum Paderborn, mit der durch Aktionen in Kirchengemeinden und im öffentlichen Raum, aber auch durch Geschichten von Ehrenamtlichen möglichst viele Menschen für ein soziales Engagement gewonnen werden sollen - konkret als Mitglied im Caritasverband. Im Zentrum dabei: die "herzlichste Formel der Welt". Jeder, der sich für seine Mitmenschen einsetzt, macht die gleiche erstaunliche Erfahrung: Verschenkte Liebe kommt doppelt zurück! Oder auf eine einfache "Formel" gebracht: Hilfe (geteilt) durch Dich = Liebe zum Quadrat.