Im Erzbistum Paderborn ist im Juni knapp 30.000 Menschen der Ausstieg aus der Arbeitslosigkeit gelungen, in NRW waren es gut 111.000 - so zeigt es die offizielle Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Doch nur ein Drittel dieser Arbeitslosen hat tatsächlich eine bezahlte Beschäftigung aufgenommen - zwei Drittel fallen lediglich aus der Statistik heraus, weil sie etwa arbeitsunfähig oder krank sind, aufgrund von Erziehungs- oder Pflegezeiten für das Arbeitsamt vorübergehend nicht verfügbar oder sich in einer geförderten Maßnahme befinden. Das zeigt der neue Arbeitslosenreport der Wohlfahrtsverbände in NRW.
"Diese Statistik geht an der Lebensrealität der betroffenen Menschen vorbei", kritisiert der Paderborner Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig, Vorsitzender des Arbeitsausschusses Arbeit/Arbeitslosigkeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW. "Letzten Endes wird damit das wahre Ausmaß der Arbeitslosigkeit beschönigt."
Im Erzbistum Paderborn, das annähernd deckungsgleich mit den Regierungsbezirken Arnsberg und Detmold ist, waren laut Arbeitslosenreport jedoch rund 237.000 Menschen unterbeschäftigt, in NRW mehr als 930.000. Diese Zahl sei die genauere Arbeitslosenzahl, weil in ihr auch alle Personen mitgezählt werden, die faktisch arbeitslos sind, aber in der offiziellen Statistik nicht auftauchen, sagt Lüttig. Der langsame Rückgang der Arbeitslosenzahlen sei natürlich zu begrüßen, doch die Gesamtzahl der als arbeitslos erfassten Menschen, die nicht wieder in die Erwerbsarbeit zurückkehren, sei aktuell definitiv zu hoch. Die Wohlfahrtsverbände fordern deshalb verstärkte Anstrengungen von Unternehmen und der öffentlichen Hand, um Arbeitsplätze zu schaffen und Arbeitsprozesse so zu gestalten, dass viele teilhaben können.
Der Arbeitslosenreport belegt zudem, dass die Wiederaufnahme einer Erwerbsarbeit nach Arbeitslosigkeit vor allem Menschen im Rechtskreis der Arbeitslosenversicherung (SGB III) gelingt, die in der Regel noch nicht lange arbeitslos sind. Für einkommensarme und langzeitarbeitslose Menschen im Rechtskreis des SGB II ist dies viel schwerer. Die Freie Wohlfahrtspflege fordert deshalb den deutlichen Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung. "Das ist für viele die einzig realistische Chance zur Teilhabe am Arbeitsmarkt", betont Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig.
Auch manche Ältere oder Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten wie Wohnungslose und Suchtkranke hätten ohne öffentliche Förderung kaum Chancen auf Teilhabe am Arbeitsmarkt und damit auch zur gesellschaftlichen Teilhabe, meint Lüttig. Für sie brauche es zusätzliche Förderinstrumente, die eine Weiterbeschäftigung mit Lohnkostenzuschuss und Arbeitsvertrag notfalls bis zur Rente möglich machten.
Info
Zahlen zu den meisten Kreisen und kreisfreien Städten in NRW unter www.arbeitslosenreport-nrw.de
Hintergrund "Arbeitslosenreport NRW"
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den "Arbeitslosenreport NRW". Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet unter www.arbeitslosenreport-nrw.de heruntergeladen werden. Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) der Hochschule Koblenz.
In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich 16 Spitzenverbände in sechs Verbandsgruppen zusammengeschlossen. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bieten die Verbände eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Als eine der Verbandsgruppen vertritt die Caritas in NRW die fünf Diözesan-Caritasverbände Paderborn, Aachen, Essen, Köln und Münster.