Nur vier Prozent aller Arbeitslosen in NRW, die Langzeitleistungen der Arbeitsagentur beziehen, profitieren vom Instrument der geförderten Beschäftigung (nach § 16i SGB II). Dies hat der aktuelle Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege in NRW aus den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ermittelt; für den Bereich des Erzbistums Paderborn liegt dieser Wert nur geringfügig höher (4,23 Prozent). Zum Hintergrund: Im Rahmen der geförderten Beschäftigung können Arbeitgeber Zuschüsse zum Arbeitsentgelt erhalten, wenn sie mit einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis begründen.
Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig(Foto: DiCV Paderborn)
Aus Sicht des Paderborner Diözesan-Caritasdirektors Josef Lüttig wird dieses Instrument zu wenig genutzt. "Vor allem bei Frauen und Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit besteht Luft nach oben", sagt Lüttig, der zugleich Vorsitzender des Arbeitsausschusses Arbeit / Arbeitslosigkeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist. Die Verbände fordern zudem eine Verkürzung der im Gesetz verankerten zeitlichen Zugangsvoraussetzungen: "Warum muss sich Arbeitslosigkeit erst verfestigen, bevor Fördermaßnahmen greifen?"
Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit belegt, dass deutsche Männer am meisten von dem Förderinstrument des § 16 i SGB II profitieren. Dabei sind mehr als die Hälfte der Langzeitleistungsbeziehenden in NRW jedoch Frauen (52,4 %). Sie machen in der Gruppe der Geförderten aber nur rund ein Drittel aus (36,7 %). Bei Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit ist die Diskrepanz noch deutlicher. Ihr Anteil unter den Leistungsbeziehenden liegt in NRW bei 42 %. Unter den vom Jobcenter den Unternehmen zugewiesenen Menschen in NRW, sind sie jedoch mit einem Anteil von 15,7 % in der Förderung deutlich unterrepräsentiert. "Woran liegt das? Warum bekommen überwiegend deutsche Männer eine Förderung, die auf Grund ihrer Voraussetzungen ohnehin eine bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt haben?", fragt Lüttig.
Teilzeit, Kinderbetreuung oder Sprachförderung müssen mitgedacht und Teil des Programms werden, so die Forderung der Freien Wohlfahrtspflege. "Es gibt Nachbesserungsbedarf! Ein Förderprogramm mit so viel Potential muss alle Menschen mitnehmen, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft", fordert Lüttig. Kritisch sieht Direktor des Diözesan-Caritasverbandes auch die Dauer der Arbeitslosigkeit von mindestens sechs Jahren innerhalb der letzten sieben Jahre als Grundvoraussetzung. Dies müsse dringend deutlich verkürzt werden, zumal Zeiten wie Inhaftierung, Arbeitslosengeld I-Bezug oder Beschäftigung im Bundesfreiwilligendienst nicht einmal mitzählen.
"Je länger Arbeitslosigkeit dauert, desto schwieriger ist es, den Weg herauszufinden. Warum müssen Menschen erst sechs Jahre arbeitslos sein, damit sie eine Förderung erhalten können, die eine wirkliche Chance bietet, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen", so Josef Lüttig. "Es ist gesellschaftlich sinnvoller und volkswirtschaftlich auch günstiger, die Förderung viel früher einzusetzen, damit über Jahre verfestigte Arbeits- und Hoffnungslosigkeit erst gar nicht entsteht und im Umkehrschluss vorhandene berufliche Kenntnisse nicht gänzlich verloren gehen."
Stichwort Arbeitslosenreport NRW
Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Er erscheint mehrmals jährlich. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet heruntergeladen werden.