Die Welt und das Leben sind bunt!
Der Welt-Mädchentag weist mit zahlreichen Aktionen auf die Benachteiligungen von Mädchen auf der ganzen Welt hin. Mit meinem Beitrag möchte ich auf eine Stereotype aufmerksam machen und damit zur Buntheit anregen. Seit es Farben in dieser Welt gibt haben die Menschen versucht, diesen einen Sinn zu geben und in vielerlei Symbolik einzutauchen. Mit Farben werden vor allem menschliche Eigenschaften, Gefühle und elementare Erfahrungen assoziiert. Sie spielen in der Kunst, der Malerei, dem Film, der Literatur, selbst im Sport eine gewichtige Rolle. Wer kennt nicht das Schalker Königsblau oder die "Echte Liebe" in Schwarz-Gelb des BVB. Als Gottesdienstbesucher*innen lassen wir uns durchs Kirchenjahr in liturgischen Farben leiten.
Auch im zarten Kindesalter scheint alles klar zu sein und den Geschlechtern wird von Beginn des Lebens an ihre vermeintliche Farbe ins Auge gedrückt! Für Mädchen gibt es zartrosa und für Jungen ist die himmelblaue Kleidung vorbehalten. Klar kommen auch andere Farben bei Babys und Kleinkindern vor, aber der Stempel ist eindeutig rosa und blau gleich der Erkennungsmelodie und deren Wiedererkennungswert. Das ist so und wird schon immer so gewesen sein.
War es aber nicht! Die Zuteilung hat sich im Laufe der Jahrzehnte immer wieder geändert. Im Jahr 1918 war es genau andersherum. Rot stand für Blut und Kampf, also die Farbe der Männer. Rosa war "das kleine Rot" und deswegen den Jungen vorbehalten. Blau hingegen war die Farbe der Mädchen. Die Jungfrau Maria war und ist immer noch in blauer Kleidung dargestellt. Das zeigt ihre Nähe zum Himmel und der Farbstoff wurde aus dem edlen Lapislazuli gewonnen, der für die kostbare Gottesmutter sehr angemessen erschien. Rosa galt als eine entschlossenere und kräftigere Farbe, die besser zu Jungen passt, während Blau delikater und anmutiger sei und deshalb bei Mädchen hübscher aussieht. In den USA richtete sich die komplette Modebranche darauf ein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war diese Farbgebung dann plötzlich wieder auf den Kopf gestellt. Rosa galt plötzlich als die Farbe der glücklichen Hausfrau - eine Vorstellung, die ebenfalls ihren Ursprung aus dem Land der unendlichen Möglichkeiten hatte. Die Farbenlehre der Nationalsozialisten tat in Deutschland ihre Ideologie dazu. Heute erscheint es als kaum vorstellbar, wie anders die Sicht vor genau 100 Jahren war. Genauso ist es aktuell umstritten, Farben Geschlechtern zuzuordnen - insbesondere, wenn diese dann sogar zur Unterdrückung führen. Nicht die Farben gehören abgeschafft, sondern ideologisch gefärbte Deutungen und Stereotype.
Liebe Mädchen dieser Welt, lasst Euch die "richtige" Farbe nicht aufschwatzen! Steht zu Eurer Lieblingsfarbe, lebt bunt und sorgt mit dafür, dass die Welt farbenfroh bleibt!
Einen bunten und farbenfrohen Weltmädchentag wünscht Euch
Reinhild Steffens-Schulte
(Kompetenzteam für Geschlechtergerechtigkeit
im Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e. V.