Benefizkonzert des Bundespräsidenten in Hamburg
Wohnungslose Menschen brauchen medizinische Hilfe: Das Leben auf der Straße macht krank und umgekehrt sind die Krankheiten oft einer der vielen Faktoren, die Menschen in die Wohnungslosigkeit führen. Deshalb braucht es niedrigschwellige Angebote zur medizinischen Versorgung wohnungsloser Menschen.
20 Projekte werden beim diesjährigen Benefizkonzert des Bundespräsidenten gefördert. Das Projekt "Street-Care - Medizinische Versorgung Wohnungsloser" des SKM Lippstadt ist eines der 20 ausgewählten Projekte.
Seit 2012 werden im Rahmen des Projekts "Street-Care" Wohnungslose in Lippstadt durch eine Krankenschwester medizinisch versorgt.(Foto: SKM Lippstadt)
Zum Projekt: "Street-Care" - die medizinische Versorgung Wohnungsloser in Lippstadt
Seit den Anfängen 1922 werden Wohnungslose durch den SKM Lippstadt betreut. Über Jahrzehnte wurde der SKM von durchreisenden Wanderern/Obdachlosen aufgesucht um Beratung und Hilfe zu erfahren, den Tagessatz abzuholen, um sich registrieren und anmelden zu können, um Bekleidung sowie Schlafsäcke zu erhalten, um sich selbst aber auch die eigene Bekleidung zu reinigen. In Spitzenzeiten suchten bis zu 1000 Durchreisende den SKM im Jahr auf.
Die Zahl der Menschen auf der Durchreise hat sich drastisch verringert. Die Strukturen haben sich verändert. Die Auszahlungsstelle für den Tagessatz, früher ausgeführt durch den SKM wurde in das Job-Center verlagert. Für viele Durchreisende keine Alternative und so fahren sie an Lippstadt vorbei. Seit Jahren konnte der SKM Lippstadt beobachten, dass trotz Abnahme der Durchreisenden immer mehr Wohnungslose ins System in Lippstadt kamen.
Viele dieser Wohnungslosen brachten unterschiedliche Problemlagen mit. Bei fast allen gab es soziale Schwierigkeiten die auch dazu führten, dass Menschen nicht krankenversichert waren und aus dem Hilfesystem, dem Regelsystem fielen. Hier war es dem SKM Lippstadt wichtig, ein umfassendes Hilfenetz zu schaffen. Neben den Räumlichkeiten für Wohnungslose, Aufenthaltsraum, Bad und WC, Möglichkeiten des Wäschewaschens und des Wäschetrocknens, Bekleidungsausgabe und Essensausgabe wurde die Notwendigkeit der medizinischen Versorgung dieses Personenkreises gesehen. Hieraus entstand im Januar 2012 das Projekt Street-Care, die medizinische Versorgung Wohnungsloser durch eine Krankenschwester im Rahmen derer Profession.
Die Wohnungslosen, mit denen die Krankenschwester arbeitet sind überwiegend alkohol- und/oder drogenkrank und weisen daneben vielfältige somatische Erkrankungen auf. Der SKM verzeichnet eine starke Zunahme von Wohnungslosen mit psychischer Erkrankung, die nicht in Behandlung sind. Auch die Zahl der jungen Menschen ab 18 Jahren die wohnungslos sind, nimmt weiterhin deutlich zu. Diese sind in keinster Weise an ein Leben auf der Straße gewöhnt, erkranken schneller und zeigen auch schneller ihren Hilfebedarf. Fast alle betreuten Personen haben Hepatitis C. Der Zahnstatus ist bei allen Personen mehr als mangelhaft. Der Großteil der aufgesuchten Personen ist männlich. Der Anteil der Frauen auf der Straße nimmt stetig zu. Die Frauen werden immer jünger. Die Frauen, die im Rahmen des Projektes Street-Care betreut werden, finden immer wieder Obdach bei Männern, die kurzfristig Wohnmöglichkeiten anbieten. Die Notsituation von Frauen wird hier ausgenutzt. Hier haben diese Frauen extremen Hilfebedarf, dem wir zukünftig mit Lösungen begegnen müssen.
Das Projekt Street-Care ist durch das Aufsuchen an den Orten wo sich Wohnungslose aufhalten und das persönliche Gespräch, dem Aufbau einer Vertrauensbasis gekennzeichnet. Die Krankenschwester ist als Mitarbeiterin des SKM gekennzeichnet und hebt sich deutlich ab.
Die Zusammenarbeit mit den Ordnungsbehörden (Polizei und Stadtwacht, Ordnungsamt) funktioniert gut.Mittlerweile kommen Wohnungslose in die Geschäftsstelle des SKM, wo die Mitarbeiterin Verbandswechsel und anderes vornimmt. Der SKM Lippstadt ist Aufenthaltsort für viele Wohnungslose in und aus Lippstadt und Umgebung. Eine Begleitung ins Krankenhaus kommt weiterhin häufig vor. Hier geht es dann um lebensrettende Sofortmaßnahmen. Unsere Krankenschwester hat ein Netzwerk von Kontakten aufgebaut, kommt dabei aber immer noch an Grenzen bei mangelnder Zusammenarbeit. Zu einigen Ärzten konnte ein guter Kontakt aufgebaut werden. Behandlungspflege erfolgt nur auf Anordnung eines Arztes in schriftlicher Form.
Die Krankenschwester arbeitet mittlerweile aufgrund des gestiegenen Bedarfs 15 Stunden pro Woche im Projekt Street-Care. Die medizinische Versorgung wird ausgesprochen gut angenommen. Die Wohnungslosen auf der Straße kennen ihre Krankenschwester, sprechen sie an und geben ihre Beschwerden preis. Sie ist bei den Wohnungslosen, aber auch beim Hilfesystem akzeptiert. Immer mehr steht neben der medizinischen Versorgung auch die soziale Problematik im Fokus. Ohne Meldeanschrift keine Leistungen. Ohne Leistungen keine Krankenversicherung, ohne Krankenversicherung wird nur notfallmäßig behandelt. Hier wird die Krankenschwester immer mehr gefordert um die Behandlung überhaupt einleiten zu können.
Die medizinische Versorgung von Wohnungslosen in Lippstadt hat sich als absolut notwendig und nicht mehr umkehrbar gezeigt. Der SKM Lippstadt konnte die Politik in Lippstadt von der Notwendigkeit der medizinischen Versorgung Wohnungsloser überzeugen und seit dem 01.01.2019 wird die Krankenschwester im Projekt "Street-Care" durch die Stadt Lippstadt mit 15 Stunden wöchentlich finanziert. 10% der Kosten für Street-Care trägt der SKM Lippstadt aus Eigenmitteln, die sich aus Spenden zusammensetzen. Als Unterstützer der Wohnungslosenhilfe sind hier federführend die Dr. Arnold-Hueck Stiftung zu nennen aber auch die Kirchengemeinden und Einzelspender tragen zur Wohnungslosenhilfe bei.