Uschi sorgt für Frieden in der ambulanten Pflege
Mag sein , dass die ambulante Pflege zuweilen anstrengt und herausfordert. "Aber in der Regel macht sie meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genauso wie mir Spaß, weil wir gerne mit Menschen zu tun haben", sagt Uschi. Rund 30 Jahre hat sie selbst erst Kinder betreut und dann Älteren Medikamente verabreicht, Essen zubereitet, sie ins Bad begleitet.
"Was gibt es Schöneres, als Menschen zu helfen", sagt die 54-Jährige. Früher ist selbst zu den Pflegebedürftigen gefahren. Heute leitet sie die Caritas-Pflegestation Bonn Nord-West mit rund zwei Dutzend Pflegekräften. Dort soll sie die ambulante Pflege so organisieren, dass sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die Kundinnen und Kunden zufrieden sind - und sie soll schwarze Zahlen schreiben. Mithin die Quadratur des Kreises.
Oft sind die Pflegekräfte der einzige soziale Kontakt am Tag
Also fährt sie zu unzufriedenen Kunden, moderiert Konflikte in ihrem Team und stärkt diesem vor allem den Rücken. Sie weiß, wie herausfordernd es sein kann, einerseits die Uhr im Auge zu behalten und gleichzeitig für die Menschen voll da zu sein. "Oft sind wir am Tag die einzigen Menschen, die unsere Kundinnen und Kunden zu sehen bekommen", erklärt die Frau aus der Eifel. Und schätzt, dass 90 Prozent der Pflegebedürftigen einsam sind. "Es ist ein Riesenproblem", sagt sie.
Deshalb hat sie schon mehrere Briefe an das Gesundheitsministerium geschrieben und angeregt, dass es ermöglichen solle, das zusätzliche Budget des Tagesgeldes - es ist so hoch wie das Pflegegeld - in manchen Fällen umzuwidmen. Dann könnten zumindest Menschen, die die Tagespflege nicht nutzen können, von der ambulanten Pflege länger zu Hause betreut werden. Eine Antwort hat sie nie erhalten.
Mitarbeitende sollen sich ehrlich machen
Auch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen unter Druck. Manchmal ist die Arbeit körperlich herausfordernd, manchmal psychisch belastend, wenn das Gegenüber einsam ist oder die Pflegekräfte sich in einer Messi-Wohnung bewegen müssen. So mancher Druck ist jedoch hausgemacht. "Wenn die Tour zu eng getaktet ist, kann jede und jeder zu mir kommen, dann finde ich eine Lösung", sagt sie.
Dafür wünscht sie sich Mitarbeiter, die sich selbst und ihr gegenüber ehrlich machen. Also auch mal Nein sagen, wenn sie glauben, mit Ja antworten zu müssen. Das ist eine Frage der Erfahrung. Sie selbst hat diese auf schmerzliche Weise machen müssen, als ein Burnout sie ausgebremst und sie zum Nachdenken genötigt hat.
Ihre Tür steht deshalb für ihr Team immer offen, wenn zum Beispiel die Chemie zwischen einer Mitarbeiterin und einer Kundin, einem Kunden nicht stimmt. "Dann verschaffe ich mir selbst einen Überblick und rede auch mit dem Kunden", sagt sie. Im Zweifel teilt sie dann jemanden anderen für diese Tour ein. Wo ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedoch schikaniert oder beleidigt werden, setzt sie Grenzen. "Wenn mein Chef mitzieht, kündigen wir in letzter Konsequenz auch Verträge."
Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg
Das gilt besonders bei rassistischen Entgleisungen. Diesen sehen sich gerade Mitarbeitende mit afrikanischen Wurzeln ausgesetzt - selten zwar, aber regelmäßig. "Damit konfrontiere ich Kunden. Und ich ermutige mein Team, diesen Kunden sofort über den Mund zu fahren, sollte es passieren", sagt sie. Wenn sie darüber spricht, verdunkelt sich ihr fröhlicher Eifeldialekt für einen kurzen Augenblick. "Ich bin für jeden Mitarbeiter froh, egal welche Hautfarbe er oder sie hat. Denn wir sind eine vielfältige Gesellschaft, in der wir einander brauchen", sagt sie.
Die Mutter von zwei Kindern wünscht sich ein friedliches Zusammenleben, in dem Menschen vernünftig miteinander umgehen. "Dazu gehört, Unterschiede zu akzeptieren, Herausforderungen anzunehmen und nicht alles infrage zu stellen", weiß sie. Dieses Credo sei eine gute Grundlage für eine friedliche Gesellschaft. Frieden ist für sie viel mehr als nur die Abwesenheit von Krieg. Innerer Frieden ist ihr Ziel. "Wer mit sich im Einklang ist, der kann den Frieden weitergeben und vorleben", sagt sie. Die gute Nachricht ist: Das kann man lernen.