1948: Vom Todeslager zum Sozialwerk
Fast idyllisch mutet der Tratsch einer Caritasschwester mit heimatvertriebenen älteren Frauen an. Das Foto hat der Lippstädter Fotograf Walter Nies 1948 in einem ehemaligen Kriegsgefangenenlager in der Senne bei Stukenbrock aufgenommen(Foto: AB Nies 687 d 073, Stadtarchiv Lippstadt)
Im „Stalag 326“ waren während des Zweiten Weltkrieges bis zu 300.000 Kriegsgefangene, vorwiegend aus der Sowjetunion untergebracht. Tausende fielen Hunger und Seuchen zum Opfer; die überlebenden sowjetischen Soldaten gaben die Zahl der Toten mit 65.000 an. Nachdem die letzten Kriegsgefangenen am 28. Juli 1945 das Lager verlassen hatten, diente es zunächst als Internierungslager für deutsche Kriegsgefangene, Kriegsverbrecher und Vertreter des Nazi-Regimes.
Zum 1. Januar 1948 bekam das Lager eine völlig andere Bestimmung: Als „Sozialwerk Stukenbrock“ wurde es vom NRW-Sozialministerium für die Unterbringung der vielen Flüchtlinge übernommen. Im Laufe der folgenden Jahre wechselten sich im Lager Heimatvertriebene, DDR-Flüchtlinge und seit 1958 vorwiegend Spätaussiedler aus den deutschen Ostgebieten ab. Die Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge im Lager übertrug das Ministerium u. a. der Caritas, der ein separater Lagerbereich zugeordnet war. 1952 erhielt das Sozialwerk Stukenbrock sogar eine eigene katholische Lagerkapelle für etwa 250 Gläubige.
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die Caritas auf weitgehend intakte Hilfestrukturen zurückgreifen, um der unvorstellbaren Not zu begegnen. So beteiligte sich der Diözesan-Caritasverband an der Versorgung der Heimatvertriebenen, von den viele eine erste Unterkunft im „Sozialwerk Stukenbrock“ fanden. Foto: Walter Nies/Stadtarchiv Lippstadt 687 h 003