Von Distanz bis Gewalt: unterschiedliche Grade von Ablehnungshaltungen
In der pädagogischen und sozialen Praxis ist es hilfreich, wenn bei der Bedarfsermittlung, der Ursachenanalyse und bei Planung von Aktivitäten Bezug genommen wird auf den jeweiligen Stärke- und Schärfegrad von Ausgrenzung und Abwertung, die in entsprechendem Verhalten der jeweiligen Zielgruppe deutlich wird.
Eine ungleichwertige Handlung beginnt bei der Ignoranz von Personen, die einer abgewerteten Gruppe zugewiesen werden, und ihren Interessen und Bedarfen. Ungleichwertige Handlungen verlaufen dann über Stufen der Eskalation von der Verleumdung (beiläufige, abschätzige Bemerkungen, Witze oder Alltagsgeschichten), über die Vermeidung von physischer Nähe zur Diskriminierung bis hin
zu Gewalt gegen Personen und Dinge - und im schlimmsten Fall zur Vernichtung
einer ganzen Gruppe.
Hilfreich ist eine Übersicht von Professor Klaus Möller, die zehn Stärkegrade umfasst. (aus https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/298321/wer-will-die-hier-schon-haben )
- Aufrechterhaltung von Distanz im Sinne einer Vermeidung des Aufbaus von Nähe zum Ablehnungsobjekt; z.B. aufgrund von mehr oder weniger begründeten Vorbehalten,
- Soziale Distinktion als aktiv betriebene räumliche Distanzierung (...)
- Aversion als starke unbewusste Emotion verhaltenswirksamer Abneigung gegenüber dem Ablehnungsobjekt, die unter Umständen in Hass münden kann,
- Ressentiment als dauernde psychische Einstellung, (...) ohne sich spontan in Aktivitäten zu manifestieren,
- Stereotyp als automatische (Devine 1989) und assoziative (Petersen/Sic 2008) Zuordnung von (vermeintlichem) Wissen (...), hier verstanden als negative Stereotypisierung,
- Vorurteil als kognitive Prozesse, stereotype Kategorisierung nutzende, wesentlich jedoch affektiv basierte, stabile pauschal-negative Zuschreibung und Einstellung gegenüber abgelehnten, aber nicht zwangsläufig zugleich abgewerteten Gruppierungen und (ihnen zugeordneten) Personen (vg. Zum Vorteil im Kontext von "GMF" Zick/Küpper/Heitmeyer 2012; Kap. 3; grundlegend auch Allport 1954)
- Abwertung als Ausdruck eines vermeintlichen Wertunterschieds zwischen Objekten (hier: inkl. Personen und Personengruppierungen) im sozialen Vergleich,
- Feindlichkeit als Haltungen mehr als wettbewerblicher, scharfer Gegnerschaft zu Abgelehnten und ihrer Konstruktion als zu Bekämpfende,
- Hass als emotional anhaltender Zuspitzung intensiver feindseliger Abneigung und Verachtung
- Eigene Gewaltbereitschaft, Gewaltbilligung und allgemeine Gewaltbefürwortung (...) als Verhaltens- bzw. Handlungsoptionen (...)"