Diskutierten die Zukunft der Pflege (v. l.): Brigitte von Germeten-Ortmann (Diözesan-Caritasverband), Hartmut Claes (Vorsitzender Arbeitsgemeinschaft), Markus Leßmann (Abteilungsleiter NRW-Gesundheitsministerium), Staatssekretärin Martina Hoffmann-Badache, Brigitte Skorupka (Caritas Dortmund, Vorstand Arbeitsgemeinschaft) und Domkapitular Dr. Thomas Witt (Vorsitzender Diözesan-Caritasverband).(Foto: cpd / Jonas)
Quo vadis, Pflege? Wie geht es weiter mit der Pflege in einer alternden deutschen Gesellschaft? Diese Frage diskutierte die Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Alten- und Gesundheitshilfe im Erzbistum Paderborn mit Staatssekretärin Martina Hoffmann-Badache vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen. Eine überbordende Bürokratie und eine wachsende "Misstrauenskultur" mache den Mitarbeitern von Pflegeeinrichtungen und Diensten zunehmend das Leben schwer, kritisierte der Vorsitzende der diözesanen Arbeitsgemeinschaft, Hartmut Claes, als Sprecher von 275 Einrichtungen und Diensten.
Staatssekretärin Hoffmann-Badache, die für die kurzfristig verhinderte Gesundheitsministerin Barbara Steffens einsprang, räumte ein, dass durch eine Vielzahl von Gesetzesänderungen, die zu Beginn des Jahres in Kraft traten, die Pflegeeinrichtungen stark belastet seien und vor großen Herausforderungen stünden. Gerade auch die grundlegende Umstellung der Finanzierung von stationären Altenhilfe-Einrichtungen durch das Land sei "nicht zufriedenstellend" umgesetzt worden. Damit griff sie die Kritik des Diözesan-Caritasverbandes Paderborn auf, der anlässlich der bevorstehenden Landtagswahl vor einem möglichen "Debakel für die Altenhilfe" warnte. Die Umstellung der Finanzierung habe zu einer erheblichen Unsicherheit bei Trägern und Nutzern geführt. So haben viele Träger bis heute noch keinen Bescheid darüber, welche Kosten sie zu berechnen haben. Damit wissen auch viele Bewohner von Altenhilfeeinrichtungen noch nichts über die endgültigen Kosten. "Wir haben die Komplexität der Materie unterschätzt", sagte die Staatssekretärin und berichtete von Software-Problemen, die für weitere Verzögerungen gesorgt hätten. "Wir bedauern das."
Hartmut Claes berichtete von chronischem Misstrauen kontrollierender Behörden gegenüber Altenhilfeeinrichtungen. Selbst wenn die Bewohner bei Prüfungen der Einrichtung ein sehr gutes Zeugnis austellten, könne ein falsch gemachtes Kreuz in der Dokumentation für eine schlechte Bewertung sorgen. "Das ärgert Pflegende." Auch bei Berichten über Pflegeskandale mit Tätern in einen Topf geworfen zu werden, stoße Pflegekräfte vor den Kopf, die sich aufopferungsvoll einsetzten. "Misstrauen haben unser Pflegekräfte nicht verdient", sagte Claes und zitierte eine hochmotivierte Mitarbeiterin: "Lasst uns einfach in Ruhe pflegen."
Über eine unzureichende Genehmigung von Stellen für Pflegekräfte seitens der Kostenträger klagte Luzia Meier, Pflegedienstleiterin aus Finnentrop. Die Pflegebedürftigkeit der Bewohner sei deutlich größer geworden. Eine Vielzahl zeitintensiver Behandlungspflegen sei nötig. "Aber wir bekommen nicht mehr Personal als vor 20 Jahren." Hinzu kommen wachsende Probleme, frei werdende Stellen und Ausbildungsplätze zu besetzen. "Weniger Fachkräfte bei steigendem Bedarf - das ist eine Riesenherausforderung", sagte auch Staatssekretärin Hoffmann-Badache. Für die Zukunft müsse über eine Änderung der Pflegestrukturen nachgedacht werden. Die starren Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Pflege, die viele Ressourcen binden, müssten überwunden werden. "Wir müssen den Betroffenen den Zugang zu allen Bereichen der Altenpflege leicht machen."
Der neue Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Alten- und Gesundheitshilfe im Erzbistum Paderborn mit dem Vorsitzenden des Diözesan-Caritasverbandes, Domkapitular Dr. Thomas Witt (vorn v. l.): Brigitte von Germeten-Ortmann, Thomas Behrens, Timo Halbe, Bernd Zilger, Brigitte Skorupka und Regina Misiok-Fisch sowie (hinten v. l.): Ulrich Sölken, Hartmut Claes und Franz-Josef Rademacher.(Fotos: cpd / Jonas)
Weitere Gefahr drohe der Pflege in NRW durch die mangelnde Förderung der Fachseminare für Altenpflege seitens des Landes, sagte Brigitte von Germeten-Ortmann, Abteilungsleiterin Gesundheits- und Altenhilfe beim Diözesan-Caritasverband Paderborn. "Die Qualität der Ausbildung kann in der Altenpflege kann derzeit nur gewährleistet werden, weil die Träger sich über das Maß hinaus engagieren." Das Land fördere die Ausbildung derzeit mit 280 Euro pro Teilnehmer und Monat. Nötig wären rund 480 Euro. "Sollte der Betrag nicht angemessen erhöht werden, stehen Träger von Fachseminaren vor der Entscheidung, ihre Schule zu schließen. Das würde die gute pflegerische Versorgung in NRW deutlich gefährden."
Bei Nachwahlen zum Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Alten- und Gesundheitshilfe im Erzbistum Paderborn wurden Timo Halbe, Vorstand der Caritas Arnsberg, sowie Thomas Behrens, Einrichtungsleiter des Seniorenzentrums Sankt Johannes Warburg, gewählt.