Bieten Familien in schwierigen Lebenslagen im Paderborner „Gasthaus“ Beratung und Unterstützung an (von links): Jochen Schröder (IN VIA), Moritz Brüggemann (IN VIA St. Lioba), Hiltrud Greitemann (Caritas), Dominic Ebbing, Anna Korber (beide GPDM), Jenniffer Hewisch, Margret Schwede, Johanna Neumann (alle IN VIA) und Dominik Neugebauer (Caritas). (Foto: cpd / Markus Jonas)
Familien in schwierigen Lebenslagen unterstützen - das ist das Ziel des neuen "Paderborner Hauses der Familie". Dazu haben sich vier Träger sozialer Hilfe zusammengetan und bieten Familien im Kreis Paderborn, die staatliche Hilfen beziehen, Unterstützung und Beratung an. "Wir möchten die Situation von Familien verbessern, die von Armut und Ausgrenzung betroffen sind", erklärt Margret Schwede, Vorständin des federführenden Verbands IN VIA Paderborn. Für die Beratung stehen zwölf erfahrene Coaches der beteiligten Träger IN VIA, Caritasverband Paderborn, "GPDM - Die Bildungsarchitekten" sowie von IN VIA St. Lioba zur Verfügung. Gefördert wird das Projekt mit Mitteln des Bundes und der EU.
Hilfe sei teilweise dringend nötig, berichtet Jochen Schröder (IN VIA) von einem seiner Beratungsfälle, einer fünfköpfigen Familie. Eigentlich hatte die Mutter nur nach Nachhilfe für eines ihrer schulpflichtigen Kinder gefragt. Doch nach und nach stellten sich weitere Probleme heraus: So wurde die Familienkasse durch eine Fülle an zum Teil überteuerten Versicherungen belastet. Sogar eine Fahrradversicherung war dabei, obwohl die Familie gar keine Fahrräder besitzt. Ein Versicherungsberater hatte die Gutgläubigkeit und die schlechten Sprachkenntnisse der Eltern schamlos ausgenutzt. "Alles Überflüssige haben wir jetzt gekündigt", erzählt Jochen Schröder. Nächstes Problem: Gas- und Stromversorger verlangten unglaubliche Nachzahlungen: 6000 Euro für Gas, 2200 Euro für Strom. "Und das für eine 80-Quadratmeter-Wohnung, das kann gar nicht sein", stellte Jochen Schröder bei einem kurzen Blick auf die Abrechnung fest. Er forschte nach und fand heraus, dass die Familie auf Veranlassung des Vermieters offenbar die Zähler für ein ganzes Haus mit sieben Wohnungen angemeldet hatte. Die Familie blieb dann auf den Kosten sitzen, während der Vermieter die Nebenkosten der anderen Wohnungen für sich einstrich. "Der Vermieter hat die Familie ganz klar ausgenutzt", sagt Schröder. Inzwischen ist die Familie umgezogen und ein Anwalt wurde eingeschaltet. "Die Frau und ihre Familie haben sich unglaublich gefreut, dass ihnen endlich jemand geglaubt hat", berichtet Jenniffer Hewisch, die das Paderborner Haus der Familie gemeinsam mit Johanna Naumann leitet.
"Familien stehen manchmal vor herausfordernden Angeboten. Dann ist es gut, wenn sie Hilfe bekommen, die alle Familienmitglieder einschließt", erklärt Johanna Naumann. Beraten und geholfen wird deshalb in einem breiten Themenfeld. Ob Erziehung, Finanzen, Behördenangelegenheiten, die Suche nach Arbeit oder anderes - durch die geballte Kompetenz der vier Projektpartner finden sich immer passende Fachleute, auch wenn der Coach selbst nicht weiterweiß. "Jeder Träger bringt seine Kernkompetenz ein", erklärt Dominik Neugebauer vom Caritasverband Paderborn. "Das ist die große Stärke unseres Netzwerkes. Dadurch können unsere Coaches Hilfsbedürftige gut durch den bürokratischen Dschungel führen und sie befähigen, sich künftig selbst zu helfen."
Das Netzwerk, das im September vergangenen Jahres gestartet ist, wurde bereits auf zahlreiche Behörden und Einrichtungen ausgeweitet: "Wir stehen in gutem Kontakt zu den Jugendämtern, zum Jobcenter, der Agentur für Arbeit, zu Familienzentren und den Kommunen im Kreis Paderborn", berichtet Margret Schwede. Aktuell wird ein offenes Beratungsangebot im Paderborner "Gasthaus" in der Innenstadt (Heiersstraße 18) angeboten, Anlaufstellen sind aber auch in den ländlichen Kommunen des Kreises geplant. Das "Paderborner Haus der Familie" wird im Rahmen des Programms Akti(F) Plus durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds (ESF Plus) gefördert. Alle vier Träger beteiligen sich an der Gesamtfinanzierung. Das Projekt ist zunächst auf vier Jahre angelegt.
Info
Das "Paderborner Haus der Familie" bietet Familien in schwierigen Lebenslagen Beratung und Unterstützung an. Offene Sprechstunden im "Gasthaus" (Heiersstraße 18, Paderborn) finden montags, mittwochs und freitags von 11.30 bis 15.30 Uhr statt (außer am 1. Montag im Monat). Infos auch bei Jenniffer Hewisch oder Johanna Naumann (Tel. 05251 1228-42 und -18, E-Mail: j.hewisch@invia-paderborn.de oder j.naumann@invia-paderborn.de). Träger des Hauses der Familie sind IN VIA Paderborn, Caritasverband Paderborn, GPDM - Die Bildungsarchitekten sowie IN VIA St. Lioba. Mehr Infos: www.invia-paderborn.de/projekte/aktif-fuer-familien-und-ihre-kinder