|
Freuen sich auf die Bescherung an Heiligabend in der SKM-Tagesstätte für Menschen ohne Wohnsitz in Paderborn (von links): Sozialarbeiterin Isabell Rieger, Andreas Fittkaut, Sozialarbeiter Joachim Veenhof, Viktor Melzer und Dirk Wappler. Die Heilige Familie zieht erst an Heiligabend in die Krippe ein. (Foto: cpd / Jonas) |
Weihnachten,
das Fest der Familie: Für Menschen am Rande der Gesellschaft kann es zum Horror
werden. Der Einsamkeit und Verzweiflung die Spitze nehmen wollen Caritas-Einrichtungen
mit Feiern und Geschenken zur Weihnachtszeit, so etwa in Paderborn, Unna, Minden
und Dortmund.
„Bei uns bekommt an Heiligabend jeder eine Tüte mit Duschgel, Socken,
Süßigkeiten, Mettwurst, Apfel, Orange und Zigaretten“, berichtet Isabell Rieger
vom Katholischen Verein für soziale Dienste SKM in
Paderborn
. In der
Tagesstätte für Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten erwartet sie zu
Heiligabend etwa 50 Gäste ohne festen Wohnsitz. „Im Moment schläft aber keiner
draußen, wir haben die einschlägigen Übernachtungsstellen überprüft.“ Die
meisten Obdachlosen sind in der städtischen Übernachtungsstelle untergekommen,
die der SKM betreut. An Heiligabend dürfen die Gäste mittags „die Speisekarte
rauf und runter essen“, verspricht Isabell Rieger. Abends gibt es Zwiebelsuppe,
Gulasch und Eis – alles natürlich kostenlos. Die Stimmung an Heiligabend sei
gewöhnlich „sehr gut und friedlich“, erzählt die Sozialarbeiterin. Fünf
Ehrenamtliche und drei Schwestern des heiligen Vincenz von Paul wollen den
Gästen der Tagesstätte ein besonderes Fest bereiten, wozu auch ein Gottesdienst
gehört.
Denn: „Viele Obdachlose leiden unter Einsamkeit“, sagt Ralf Plogmann. In der
Caritas-Tagesstätte für Wohnungslose in
Unna
findet deshalb ein
gemeinsames festliches Frühstück mit Weihnachtsliedern und einer kurzen Andacht
statt. Plogmann, seit diesem Jahr Vorstand des Caritasverbandes für den Kreis
Unna, engagiert sich seit vielen Jahren an Weihnachten ehrenamtlich in der
Tagesstätte. Seine beiden zwölf und zehn Jahre alten Söhne wollen auch dieses
Jahr unbedingt wieder mit. „Das ist ganz wichtig, Papa“, sagten sie, ganz im
Sinne des Vaters. „Ich habe den Eindruck, da kann man einen kleinen Moment
schaffen, wo die Gäste erfahren: Es kümmert sich jemand um mich.“ Auch viele
ehemalige Obdachlose, die inzwischen in gesicherteren Verhältnissen leben,
ließen es sich nicht nehmen, zur Feier an Heiligabend zu kommen. Ulrich
Rautenberg hat derweil schon die Geschenktüten gepackt. „Wir erwarten zwischen
20 und 25 Personen“, erzählt er. Seit 13 Jahren ist er fast täglich
ehrenamtlich in der Tagesstätte aktiv und hat diesmal auch eine Kurzandacht
vorbereitet, bei der natürlich die Weihnachtsgeschichte im Mittelpunkt steht.
In der Wärmestube St. Nikolai des Caritasverbandes
Minden
hat die große
Feier dagegen schon stattgefunden. „Wir feiern immer am Namenstag unseres
Patrons Nikolaus“, erklärt Schwester Maria Thekla, die die Wärmestube leitet.
Ein festliches Essen mit anschließender Bescherung hat daher schon
stattgefunden. „Aber an Weihnachten haben wir natürlich auch geöffnet. Festliches
Essen und kleine Geschenke gibt es dann auch.“ So stiftet seit der Eröffnung
der Wärmestube vor genau 20 Jahren eine Familie ein besonderes Essen am
Heiligabend. „Das bringen sie uns fix und fertig vorbei.“ Eine andere Frau
spendiert an hohen Feiertagen immer eine Torte. „Die essen wir dann als
Dessert.“ An den Weihnachtstagen stehen zudem kleine Geschenke bereit, wie
Duschgel, Shampoo, Lotionen und Lebensmittelkonserven. „Außerdem wollen uns
Firmlinge 50 Gebäcktütchen vorbeibringen. So haben wir jeden Tag kleine
Überraschungen für unsere Gäste“, sagt Schwester Maria Thekla, die über die
Feiertage rund 40 bis 45 Gäste erwartet, deutlich mehr als in den vergangenen
Jahren. Allein in den letzten zwölf Monaten seien die Besucherzahlen im
Vergleich zum Vorjahr um mehr als 25 Prozent gestiegen. „Es gibt immer mehr
ältere Bedürftige, mehr Frauen, viele Migranten, die in Deutschland nicht Fuß
fassen konnten. Viele leben unter primitivsten Bedingungen.“
Auf dem Weg zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft sind die Bewohner im
Prälat-Braekling-Haus des SKM in
Paderborn
. „Wir haben eine Krippe
aufgebaut, einen Weihnachtsbaum und für jeden habe ich ein individuelles
Geschenk besorgt“, berichtet Teamleiter Meinolf Picht. „An Heiligabend feiern
wir Weihnachten, wie viele Familien auch.“ Die Bescherung und ein festliches
Essen mit gespendetem Wildbret gehören dazu. Der „Sentimentalität“, die dem
Fest in Deutschland anhängt, versucht Picht den fröhlichen Anlass
gegenüberzustellen: den Geburtstag Jesu Christi. „Keiner geht auf ein
Geburtstagsfest und bläst Trübsal.“ Eine reale Gefahr an Weihnachten, denn in
dem Wohnheim sind Meinolf Picht schon „alle Probleme dieser Welt“ begegnet, wie
er erzählt. Und das quer durch alle sozialen Schichten – „vom Ungelernten bis zum
Arzt“. Diesen Problemen setzt der SKM am ersten Weihnachtstag einen besonderen
Höhepunkt entgegen. „Dann gehen wir gemeinsam ins Restaurant.“ Möglich ist
dies, weil Entertainer Jürgen von der Lippe das Essen sponsert. „Er ist unserer
Einrichtung seit vielen Jahren eng verbunden.“ Erst im Oktober waren alle
Bewohner des Prälat-Braekling-Hauses zum Auftritt von der Lippes in der
Paderhalle eingeladen. „Wir haben ihn hinterher als Gruppe getroffen und er hat
uns versichert, dass er im Geiste bei uns ist.“
In der Kommunikations- und Beratungsstelle für Prostituierte (KOBER) in
Dortmund
hat die Weihnachtsfeier schon stattgefunden. „Weihnachten sind die meisten
Frauen bei ihren Familien, da hat eine Feier an Heiligabend keinen Sinn“,
erklärt die Leiterin der Beratungsstelle, Elke Rehpöhler. „Gegen Ende des
Jahres geht den Kunden das Geld aus. Es ist eine sehr ruhige Zeit für die
Frauen.“ Da viele der Prostituierten Migrantinnen seien, reisten diese in die
Heimat. Die gemeinsame Weihnachtsfeier sei jedes Jahr überraschend normal. „Man
kann sich wundern, dass die Frauen ganz normal mit uns Beraterinnen Weihnachten
feiern.“ Die Prostituierten hätten die gleichen Probleme wie andere Frauen
auch, Geschenke zu finden und zu entscheiden, was sie kochen sollen. „Mit der
Weihnachtsfeier bringen wir ein Stück Normalität in den Arbeitsalltag der Frauen“,
sagt Elke Rehpöhler. Im Januar hofft sie, dass sie die ein oder andere zum
Ausstieg aus der Prostitution bewegen kann. „Die ruhige Zeit um Weihnachten und
den Jahreswechsel macht so manche Frau nachdenklich.“
Das Team des Caritas-Pressedienstes wünscht Ihnen ein gesegnetes, friedvolles
Weihnachtsfest
und ein glückliches Jahr 2013.
Jürgen Sauer, Markus Jonas, Hubert Steppeler, Sylwia Opiolka