Paderborn, 23.10.2023 (cpd) - Zur Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag am vergangenen Donnerstag waren 5000 Menschen erwartet worden, fast fünf Mal so viele kamen - ein klares und nicht mehr ignorierbares Signal an die Politik, dass jetzt gehandelt werden muss.
Um fünf vor zwölf in Düsseldorf startete die Kundgebung der Freien Wohlfahrtspflege NRW am vergangenen Donnerstag, 19. Oktober. Während die Moderation auf der Bühne das Mikro ergriff, schob eine junge Mutter in Demoweste ihren Bollerwagen durch die Menge. Im Bollerwagen ihr Sohn im Kindergartenalter, mit Gehörschutz auf den Ohren und Schnuller im Mund - trotz des Trubels auf dem Gelände vorm Landtag war er eingeschlafen.
Unter anderem um seiner Generation willen, sind viele der Anwesenden angereist. Erzieherinnen und Schulbetreuer aus den Offenen Ganztagsbetreuungen, Eltern mit ihren Kindern, aber auch viele Mitarbeitende aus der Altenhilfe und den Beratungsdiensten protestieren, weil sie so, wie es jetzt grade läuft, nicht mehr weitermachen wollen. Die Wohlfahrtsverbände befürchten einen Flächenbrand der sozialen Einrichtungen und Versorgungsengpässe vor allem bei Kitas, schulischen Ganztagsangeboten und bei der Betreuung von Senioren und Behinderten.
Man sieht sonst freundlich angezogene Pädagoginnen und Pädagogen in schwarzer Kluft und mit Grablichtern und kleine Papp-Särgen in der Hand, in denen die pädagogische Arbeit zu Grabe getragen wird. Kita-Teams verschiedenster Träger, die offensichtlich mit den ihnen anvertrauten Kindern Plakate und Schilder gestaltet haben, weil sie vermutlich sonst keine zeitliche Ressource dafür gehabt hätten und auch heute ist der kleine schlafende Junge im Bollerwagen nicht das einzige Kind auf dem Platz.
Auch aus der Caritas im Erzbistum Paderborn sind zahlreiche Ortsverbände angereist. So sind an diesem Tag Caritas-Mitarbeitende aus den Verbänden Dortmund, Olpe, Büren, Hagen, Witten, Brilon und Paderborn teils mit ganzen Bussen angereist, die Caritas Siegen startete mit den örtlichen Trägern sogar eine eigene Kundgebung vor der Siegerlandhalle, um dann von dort aus weiter nach Düsseldorf vor den Landtag zu reisen. Auch in Bielefeld und Hamm finden zur gleichen Zeit Kundgebungen von "NRW bleib sozial" statt, weitere Veranstaltungen sind geplant.
Schon vor offiziellem Beginn der Kundgebung in Düsseldorf muss immer wieder zum Zusammenrücken aufgerufen werden, die zunächst gesetzte Bannmeile vor dem Landtag, muss durch die Polizeibeamten letztlich um die Treppenstufen und die Flächen hinter der Bühne erweitert werden, damit alle Kundgebungsteilnehmer Platz finden. Auf der Bühne stellen Vertretende der Kitas, OGS und Altenhilfe den Ernst der Lage dar, den eingeladenen Politikern der demokratischen Parteien wird in der Diskussion mit Vertretenden aus den Wohlfahrtsverbänden die Möglichkeit gegeben, ihre Lösungsansätze vorzustellen.
Konkrete und vor allem verbindliche Zusagen, dass sich etwas verbessert, erhalten die rund 22.000 Menschen seitens der Politik trotz allem auch an diesem Tag nicht. Verbindlich hingegen dürfte diese Demonstration als Signal an die Politik sein, auch Frank Johannes Hensel, Sprecher der Caritas in NRW, fordert die Politik deutlich auf: "Machen Sie sich zum Teil der Lösung" und macht dabei auch klar: "Wir werden geschwächt und dieser Haushalt gibt uns noch einen Schlag obendrauf. Bei der Bildung und Erziehung unserer Kinder und auch in der Pflege. Das kann sich unser Land nicht leisten! Ich habe Sorge um unseren Zusammenhalt!"
"Diese Aufforderung muss nun zwingend in die für Donnerstag angesetzte Aktuelle Stunde im Landtag zur Finanzierung der sozialen Infrastruktur einfließen", betonen auch Esther van Bebber und Ralf Nolte, Caritasvorstandsteam im Erzbistum Paderborn. "Damit sich Mitarbeitende im sozialen Bereich wieder auf einen angemessenen Rahmen und leistbare Herausforderungen einstellen und aus der dauerhaften Überlastung herauskommen können, damit Träger sozialer Einrichtungen nicht in finanzielle Schieflagen oder in noch größere Personalnotstände geraten und damit jedes Kind in NRW ein sicheres Bildungsangebot mit Kitaplatz und OGS und ein starkes soziales NRW als Heimat erwarten kann".
Eindrücke mit Videostatements und Fotos von der Demo in Düsseldorf gibt es in der unten auf der Webseite stehenden Mediathek und auf unserem Facebook-Kanal.