Die ehrenamtlich Mitarbeitenden der Caritas-Konferenzen im Erzbistum Paderborn sind "An-Andere-Denker". "Not sehen, erkennen und handeln", das ist die Maxime der Caritas-Konferenzen. Und auch wenn das Engagement aus dem christlichen Glauben gespeist wird und meist innerhalb der örtlichen Kirchengemeinde seine Wirkung findet, so sind die "Anderen", an die gedacht und denen Unterstützung angeboten wird, bunt und vielfältig. Genauso bunt und vielfältig ist auch das Repertoire der Hilfestellungen - je nach Notlage, Bedürftigem und Handelndem. Es gibt Angebote für Alleinerziehende, für Einsame, für Arme, Familien, Wohnungslose, Kranke, Geflüchtete und und und…. - egal welcher Herkunft, welchen Glaubens und oftmals ist auch die Stadtgrenze kein Hindernis. Meist wird auch kein Berechtigungsnachweis erwartet: Was zählt ist der Mensch und sein Bedürfnis.
Wie oft begegnen unseren ehrenamtlichen Mitarbeitenden dem Vorbehalt: Sie sind "überaltert", "erzkatholisch" und damit wird "nicht offen für Neues und Fremdes" gleichgesetzt. Was für ein Trugschluss und übrigens auch eine Form von Diskriminierung! Unserer Meinung nach ist das Alter unserer Ehrenamtlichen eher ein Qualitätsmerkmal. Denn unsere Ehrenamtlichen haben Lebenserfahrung, sind aufgeschlossen, stets nah am Menschen und am Leben und - ebenfalls wichtig - sie haben Zeit. Zeit, die sie freiwillig und unentgeltlich für den Dienst am Nächsten einsetzen. Die Ehrenamtlichen der Caritas-Konferenzen sind lebendig, aktiv, offen für Neues und handeln unbürokratisch. Es gibt so viele tolle, innovative Projekte und sogar digital machen sie sich auf den Weg. Dienste, die schon seit jeher geleistet werden, zum Beispiel Besuchsdienste in den Gemeinden oder in Krankenhäusern, können in ihrer gesellschaftlichen Relevanz und Thematik nicht aktueller sein - gegen die soziale Vereinsamung und für ein Miteinander aller Menschen.
Jedes Jahr beteiligen sich Ehrenamtliche der Caritas-Konferenzen am Weltgebetstag der Frauen. Sie erweitern den Horizont der Kirchengemeinde, indem sie über die Lebenssituationen von Frauen in anderen Kulturen berichten und sich im Gebet mit ihnen verbinden. Beispielsweise eine Caritas-Konferenz im Paderborner Raum, die geflüchtete Familien zunächst im Rahmen der Akuthilfe (Sachspenden, Sprachunterricht) unterstützt hat. Daraus sind Verbindungen gewachsen, die bis heute Bestand haben und bei regelmäßigen Treffen gepflegt werden. Oder an eine Ehrenamtliche unseres Verbandes, die in der Corona-Pandemie eine Familie mit Migrationshintergrund täglich beim Distanzlernen der Kinder unterstützt. Diese Dinge geschehen oftmals im Verborgenen und ohne viel Aufhebens darum zu machen.
Immer wieder wird uns berichtet, dass über die Tätigkeiten in der Flüchtlingshilfe, in den Kleiderläden, Warenkörben oder über Sprachpatenschaften Freundschaften mit Menschen, die anderer Herkunft und oder anderen Glaubens sind, entstanden sind. Wobei das unsere Ehrenamtlichen so nicht formulieren würden, denn für sie spielt es keine Rolle, ob jemand anders tickt. Was allerdings eine Rolle spielt, ist die Tatsache, dass das Gegenüber ein Mensch ist - denn das ist es letztlich, was uns verbindet… Wir alle sind Mensch. Da ist wirklich kein Platz für Haken an unserem Kreuz.
Der Weltfrauentag wurde 1933 von den Nationalsozialisten verboten, unter anderem, weil er unter Einfluss der sozialistischen Bewegung ins Leben gerufen wurde. Aber wir wissen auch, dass in der Ideologie der Nationalsozialisten eine heterogene Gesellschaft und demokratische Strukturen nicht erwünscht waren. Erst viel später, Ende der sechziger Jahre, tauchte er dank der Frauenbewegung wieder aus der Versenkung auf. Wir sollten dann auch die Parallele in die Gegenwart ziehen und uns unaufhörlich dafür einsetzen, dass die Diskriminierung nicht nur von Frauen, sondern von allen Menschen in unserer Gesellschaft und natürlich auch in unserer Kirche endlich aufhören muss.
Mit Blick auf den "synodalen Weg" kann die einzige logische Forderung lauten, Frauen und Männer in Kirche gleichzustellen und Vielfalt, auch im Hinblick auf sexuelle Orientierung, zu leben. Anzuerkennen, dass das Engagement in Kirche, unabhängig vom Geschlecht, Sexualität und egal, ob ehren- oder hauptamtlich, auf Augenhöhe und gleichberechtigt stattfinden muss. Das Engagement von Ehrenamtlichen darf nicht mehr allein vom Wohlwollen des hauptamtlichen und vorwiegend männlichen Personals abhängig sein. Alles andere wäre rückwärtsgewandtes Denken und keine Kirche, "die die Gegenwart bejaht" und Vielfalt fördert (vgl. Zukunftsbild des Erzbistums Paderborn). Wenn die katholische Kirche einen Bezug zur Lebenswirklichkeit der Menschen haben will, muss sie diesen Schritt gehen. Diskriminierung wird dort aufhören, wo wir uns in dem begegnen, was uns verbindet - im Angesicht von Mensch zu Mensch. So wie unsere Ehrenamtlichen der Caritas-Konferenzen, denen das immer wieder neu gelingt.
Helga Gotthard, Diözesanvorsitzende
Sabine Breimann, Bildungsreferentin