Die Mitgliedstaaten des Europarats und die europäischen Institutionen begehen am 28. Januar den Europäischen Datenschutztag. Warum ist dieser Tag auch ein Thema für die Caritas mit ihrer Initiative www.kreuz-ohne-haken.de?
Bei näherer Betrachtung ist die Überschneidung in den Zielen offensichtlich. Beide Initiativen suchen den Ausgleich von gesellschaftlichen Machtungleichheiten. Sie treten ein für den Schutz der freien Entfaltung des Individuums - zum Beispiel vor Fremdzuschreibungen. So ist es eine verbreitete Praxis, den kulturellen Hintergrund einer Person als Erklärung für individuelle Handlungen, Einstellungen oder Konflikte zu verstehen. Jeder Mensch muss auch in der digitalen Welt davor geschützt sein, durch das Konstrukt einer ethnischen Zugehörigkeit und der damit einhergehenden Fremdkategorisierung Opfer von Ausgrenzung und Benachteiligung zu werden. Datenschutz ist somit auch Freiheitsschutz.
Die technischen Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz und Algorithmen haben die aus der analogen Welt bekannten Formen der Diskriminierung nicht hinter sich gelassen. Es häufen sich Beispiele vielfältiger Gefahren der Benachteiligung einzelner Menschen und ganzer Bevölkerungsgruppen aufgrund von Algorithmen basierter Differenzierungen. Wenn zum Beispiel eine eingesetzte Personalwesen-Software Frauen benachteiligt, dann werden Frauen in jedem Entscheidungsszenario benachteiligt, das sich dieser Software bedient.
Die Ursachen diskriminierender Effekte algorithmischer Systeme sind komplex. Allein durch technische Lösungen lassen sie sich nicht beseitigen. Sie bedürfen der gesellschaftlichen Lösung durch politische Instrumente und gesetzliche Regulation. Anknüpfungspunkte kritischer Reflektion und gesetzlicher Steuerung bietet neben dem Antidiskriminierungsrecht auch das Datenschutzrecht mit seinem spezifizierten allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes umfasst dieses Recht auch die Freiheit der einzelnen Person, selbst zu bestimmen, welches Persönlichkeitsbild sie von sich vermitteln will. Diese wichtige Ausprägung des Grundrechts wird verletzt, wenn ein Computerprogramm auf Grundlage gruppenbildender Merkmale ein statistisches Persönlichkeitsbild von einer konkreten Person erzeugt, ohne dass diese Person das beeinflussen kann.
Natürlich kann der Datenschutz allein Diskriminierungen nicht beseitigen, dafür sind die Probleme zu vielschichtig. Nötig sind interdisziplinäre Ansätze und gesellschaftliche Anstrengungen. Denn das Diskriminierungspotenzial des Einsatzes von Algorithmen basiert letztlich auf diskriminierenden Strukturen und Denkweisen der "analogen" Welt.
Mehr Infos zum Thema:
- Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS)
https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/was-wir-machen/projekte/algorithmen-und-diskriminierungsrisiken/algorithmen-und-diskriminierungsrisiken-node.html - Bertelsmann Stiftung - Ethik der Algorithmen
https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsereprojekte/ethik-der-algorithmen