Einen Überblick über aktuelle digitale Innovationen in der Pflege gaben Fachleute verschiedener Richtungen. Mit dabei auch die Altenhilfe-Expertinnen des Caritasverbandes für das Erzbistum Paderborn: Ulrike Hackenholt, Anne Goldbach, Maren Schulze und Kathrin Waldhoff (vorn, 2. bis 5. von links). Moderator der Tagung war Felix Gaudo (links).(Foto: cpd)
Viele Möglichkeiten, aber auch große Herausforderungen bringen die Entwicklung digitaler Innovationen auch für die Pflege mit sich. Da einen Überblick zu bieten, war das Anliegen eines Fachtages unter dem Motto "Den Überblick im Technikdschungel der Pflege behalten". Der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn hatte dazu rund 90 Fachkräfte, Träger und Leitungen der Pflegebranche ins Haus Maria Immaculata in Paderborn eingeladen. Ziel war es, Orientierung im immer komplexer werdenden Feld der Digitalisierung zu geben und praktische Ansätze für den Alltag der Pflege aufzuzeigen.
Die Veranstaltung bot ein vielseitiges Programm, das mit hochkarätigen Vorträgen am Vormittag startete. Nils Müller (Contec) beleuchtete Chancen und Risiken der Künstlichen Intelligenz in der Pflege. Bei allem teils übertriebenem Hype um KI gebe es für die Pflege bereits konkret nutzbare Produkte. So werde KI bereits sinnvoll bei der Sprachdokumentation, Tourenplanungen in der ambulanten Pflege, bei Wundvermessungen, Sturzerkennung von Bewohnern im Pflegeheim oder bei Sozialrobotern eingesetzt. Wenn die Systeme gut verzahnt seien und die Mitarbeitenden bei der Nutzung begleitet würden, sei eine bessere und effizientere Pflege und Dokumentation möglich, so Nils Müller. Personalmangel könne so in gewissem, wenn auch überschaubaren Umfang, durch digitale Hilfsmittel ausgeglichen werden.
Martina Saße (Contec) verwies auf ethische Herausforderungen der Nutzung KI-basierter Systeme. So stelle sich die Frage, wer die Verantwortung trägt, wenn etwa eine KI eine Medikamentenanpassung bei einem Patienten vorschlägt. Wichtig seien dafür ethische Richtlinien, eine reflektierte Nutzung und letztlich Pflegekräfte als entscheidende Instanz. Kommen Pflegeroboter zum Einsatz, könnten diese zwar Routinen übernehmen, aber keine emotionalen Bedürfnisse erfüllen. Die Zeitersparnis durch Technik könne und müsse dann auch für empathische Zuwendung genutzt werden. Insgesamt sei die Herausforderung, ethische Prinzipien wie Autonomie, Datenschutz, Verantwortung und Menschlichkeit in Einklang mit der technischen Entwicklung zu bringen.
Sandra Deutsch (Johanniter) und Sascha Andree (VKAD) informierten über die praktischen Aufgaben an die Telematikinfrastruktur, an die bis zum 1. Juli rund 36.000 Pflegeeinrichtungen in Deutschland angeschlossen sein müssen. Die Problematik liege darin, dass bestimmte Legitimationen zur Anbindung erforderlich sind und es bei den bearbeitenden Behörden dazu einen hohen Antragsstau gebe. Zudem benötigten 80 Prozent der Pflegeeinrichtungen mehr Unterstützung bei der Anbindung. Vor allem offene Fragen in Bezug auf den Mehrwert für die Pflege und die Refinanzierung der aufwendigen Umstellung habe zu Zurückhaltung bei der Umsetzung geführt, sagen die Referenten.
Über Smart-Home-Lösungen auch für die stationäre und ambulante Pflege berichtete Reinhard Lüling (DiscVision Solutions). So biete die vor äußerem Zugriff geschützte Amazon-Plattform "Alexa Smart Properties" einerseits Senioren oder Menschen mit Behinderung einen barrierefreien Zugang zu mehr Selbstbestimmtheit und Teilhabe, ermögliche aber andererseits auch eine Nutzung im Pflegeheim, beispielsweise durch die Übertragung von pflegerischen Hinweisen in die Pflegedokumentation, die Möglichkeit zur Bestellung von Mahlzeiten oder die Erinnerung an Aktivitäten und Termine. Genutzt werde das System unter anderen von den Einrichtungen der Josefs-Gesellschaft (JG Gruppe) an 17 Standorten.
In kleinen Workshops wie hier im „Truck der Digitalisierung“ erhielten die Pflegefachleute vertieften Einblick in neue digitale Entwicklungen.(Foto: cpd)
Am Nachmittag konnten die Teilnehmenden ihr Wissen in praxisnahen Workshops vertiefen. Themen wie digitale Dokumentation, KI im Pflegealltag, technologische Hilfsmittel, Sprachassistenten für Senioren sowie softwaregestützte Hilfen im Alltag boten eine breite Auswahl. Besonders beliebt war der interaktive "Truck der Digitalisierung" (TruDi), der innovative Technologien direkt vor Ort erlebbar machte.
"Die Digitalisierung bietet enorme Chancen für die Pflege, stellt uns aber auch vor Herausforderungen. Mit dieser Veranstaltung möchten wir Fachkräften das nötige Rüstzeug mitgeben, um den Wandel aktiv zu gestalten", betonen Ulrike Hackenholt und Maren Schulze vom Caritasverband für das Erzbistum Paderborn, die den Fachtag organisiert hatten. Neben fundiertem Wissen stand auch der Austausch untereinander im Mittelpunkt, um gemeinsam die digitale Zukunft der Pflege zu gestalten. Der Fachtag bot so eine praxisnahe Plattform für Diskussionen, Best-Practice-Beispiele und die Gelegenheit, sich mit Experten auszutauschen. Für viele Teilnehmende war es ein Schritt hin zu mehr Sicherheit und Souveränität im digitalen Pflegealltag.