Festakt zum 100-jährigen Jubiläum
Bischof em. Joachim Wanke hielt den Festvortrag beim Jubiläum der Caritas.(Foto: cpd / Klaus-Peter Semler)
Das hat Bischof em. Joachim Wanke beim Festakt zum 100-jährigen Bestehen des Diözesan-Caritasverbandes Paderborn betont.
In der Paderborner Paderhalle kritisierte der Alt-Bischof von Erfurt vor rund 450 Festgästen, wie sich derzeit politische Einstellungen lautstark zu Wort meldeten, „die jede Empathie, jedes Mitgefühl mit der konkreten Not des einzelnen Menschen vermissen lassen“. Flüchtlinge würden von manchen „als Gefahr betrachtet, als Sicherheitsrisiko, das unseren derzeitigen status quo in Frage stellt. Aber es wird vergessen, dass jeder Flüchtling ein individuelles Gesicht hat, dass er eine Leidensgeschichte hinter sich hat und jetzt konkret Hilfe braucht.“ Der eigentliche „Kampf um die Bewahrung des christlichen Abendlandes“ finde in der praktischen Umsetzung des Wortes Jesu statt: „Seid barmherzig, wie es auch euer Vater im Himmel ist.“
Wanke betonte, Sozialarbeit müsse „mit zwei Lungenflügeln atmen“: mit beruflicher Professionalität und ehrenamtlichem Engagement. Ehrenamtlichkeit verhindere, dass die notwendige Professionalität in eine „partielle Blindheit“ zurückfalle, die die Veränderungen in der Lebenswirklichkeit nicht mehr voll wahrnehme.
Staatssekretär Dr. Wilhelm D. Schäffer vom NRW-Sozialministerium sagte, einen Sozialstaat könne er sich nicht ohne die Haupt- und Ehrenamtlichen der Caritas und anderer Wohlfahrtsverbände vorstellen. Als einer der größten Arbeitgeber Deutschlands sei die Caritas „extrem systemrelevant“. Der Diözesan-Caritasverbandes Paderborn sei „Teil der Erfolgsgeschichte unserer Gesellschaft und unseres Sozialsystems“. Barmherzigkeit und Nächstenliebe als Fundament der Caritas seien heute „wichtiger denn je“.
Feierten mit rund 450 Gästen das 100-jährige Bestehen des Caritasverbandes für das Erzbistum Paderborn (von links): Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig, Staatssekretär Dr. Wilhelm D. Schäffer, Erzbischof Hans-Josef Becker, Domkapitular Dr. Thomas Witt (Vorsitzender Diözesan-Caritasverband), Heinz-Josef Kessmann (Vize-Präsident Deutscher Caritasverband) und Moderator Tom Hegermann. Zum Geburtstag überreichte Erzbischof Becker an den Verband eine künstlerische Gestaltung des Flammenkreuzes der Caritas.(Foto: cpd / Klaus-Peter Semler)
Heinz-Josef Kessmann, Vize-Präsident des Deutschen Caritasverbandes, sagte, ein Christentum ohne die tätige Nächstenliebe, die Caritas, sei „nicht vorstellbar“. „Hilfe für die, die in Not sind, gehört dazu.“ Kessmann würdigte die Bemühungen des Diözesan-Caritasverbandes Paderborn anlässlich des Jubiläums das eigene Profil sowie das Profil katholischer Krankenhäuser und anderer sozialer Einrichtungen zu schärfen. Die Paderborner Überlegungen zur Zukunft caritativer Tätigkeit seien ein wichtiger Beitrag für die Caritas in ganz Deutschland.
Als Zeitzeugin berichtete die 92-jährige Lidwina Wüstefeld aus Paderborn, wie sie 1948 als Mitarbeiterin ihres Vetters Franz Wüstefeld, damals Caritasdirektor im zum Erzbistum Paderborn gehörenden Halle an der Saale, zur Anlaufstelle für Care-Pakete wurde. Die Sowjets hatten die Versorgungswege nach West-Berlin blockiert. Die Caritas in Halle wurde Anlaufstelle für Hilfsgüter aus dem europäischen Ausland. Der Festversammlung berichtete sie, wie sie gemeinsam mit ihrem Vetter und dem späteren Bischof von Erfurt, Hugo Aufderbeck, nächtelang tonnenweise Lebensmittel schleppte. Eine Geschichte, die in der Jubiläumspublikation des Diözesan-Caritasverbandes berichtet wird. Das Buch „100 Jahre – 100 Orte“ wolle mit Geschichten und Einzelschicksalen ein buntes Kaleidoskop der Caritas-Geschichte bieten, sagte Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig. Zum runden Geburtstag überreichte Erzbischof Hans-Josef Becker dem Verband eine künstlerische Darstellung des Caritas-Flammenkreuzes, die auch auf dem Titelbild des Buches zu sehen ist. Moderiert wurde die Veranstaltung von WDR2-Moderator Tom Hegermann.
Info Jubiläum Diözesan-Caritasverband
Der Diözesan-Caritasverband wurde als Reaktion auf die Wirren und Nöte des Ersten Weltkrieges am 8. Dezember 1915 von dem Paderborner Diözesanbischof Karl Joseph Schulte gegründet – als erster diözesaner Caritasverband in Westdeutschland. „Auflodern möge die Flamme der Liebe Christi“, hatte Bischof Schulte den Teilnehmern der Gründungversammlung im Vereinshaus der Gemeinde St. Joseph in Dortmund zugerufen.
Mit der Gründung des Diözesan-Caritasverbandes Paderborn als Dachverband wurde vor 100 Jahren eine Struktur eingeführt, die auch heute noch die Caritas in den meisten deutschen Bistümern prägt: Der an den Bischof angebundene diözesane Dachverband vereint ein buntes Geflecht an katholisch-caritativen Trägern wie die Orts- und Kreis-Caritasverbände, die Fachverbände und korporativen Mitglieder. Allein im Erzbistum Paderborn sind es heute (ohne Pfarrgemeinden) 217 Träger mit über 1.500 Einrichtungen und mehr als 56.000 Mitarbeitern.