Plaudern im anregenden Ambiente
Es ist eine gut gelaunte Runde, die sich am Kaffeetisch in der Mittleren Straße 7 in Rüthen zusammengefunden hat. Immer montags treffen sich vormittags auf Einladung von Gemeindereferentin Christa Mertens Interessierte, "um den Sonntag miteinander ausklingen zu lassen", wie die Runde es lachend formuliert. "Wir plaudern über Gott und die Welt", erklärt Elisabeth Beckmann und nimmt einen Schluck Cappuccino. Und das in einem Ladenlokal, das allerdings sehr gemütlich eingerichtet wirkt. "Aufgemöbelt bei Caritas" hat ein Kreis ehrenamtlich Engagierter den Second-Hand-Möbelladen in Rüthen genannt, der gleichzeitig als Treffpunkt und Anlaufstelle für Anliegen aller Art dient. "Da hat eine Dame auch schon mal gefragt, welche Anforderungen es eigentlich an Taufpaten gibt", erzählt Christa Mertens.
Die meisten Menschen, die "Aufgemöbelt" besuchen, nutzen allerdings die Gelegenheit, schöne Möbel oder auch Porzellan günstig zu erwerben. "Als ich umgezogen bin, habe ich alles komplett hier gekauft", berichtet auch Ida Diemel, die an diesem Morgen an der Kaffeerunde teilnimmt. "Es muss ja nicht alles neu sein." Und anders als sonst oft in sozialen Einrichtungen von Caritas-Konferenzen üblich, muss auch keine Bedürftigkeit nachgewiesen werden. "Hier kann jeder einkaufen", betont Christa Mertens.
Möbel aus zweiter Hand werden in Rüthen zwar schon seit 30 Jahren weitergegeben, bis zur Eröffnung des neuen Ladenlokals im Advent 2020 allerdings nur "in einem muffigen, staubigen Keller unter der örtlichen Turnhalle". Dort fanden sich zuletzt nur noch wenige Interessenten ein. Neuen Schwung brachte dann das Ehepaar Helga und Dieter Kooke, das nach 40 Jahren in Hamburg wieder nach Rüthen zurückkehrte. "Ein echter Glücksgriff", sagt Christa Mertens. Gemeinsam schauten sie sich einen modern aufgemachten Second-Hand-Möbelladen in Velbert an. "Ein tolles Kaufhaus", waren die Kookes beeindruckt. Nach diesem Vorbild sollte auch in Rüthen etwas entstehen.
Ein Glücksfall in Rüthen
"Wir haben lange nach einem geeigneten Ort gesucht", berichtet Christa Mertens. "Dann ist uns dies in den Schoß gefallen." Denn eine einmalige Gelegenheit tat sich auf, als ein früheres Porzellangeschäft in der Mitte von Rüthen schloss, und der Vermieter bereit war, das Ladenlokal mietfrei gegen Zahlung der Nebenkosten an die Caritas-Konferenz abzugeben. "Er sagt, er wolle in den Himmel kommen", erzählt Christa Mertens schmunzelnd. Auch die beleuchteten Regale und Restbestände an Porzellan konnte die Rüthener Caritas übernehmen. "Dadurch können wir den präsentierten Dingen eine ganz andere Wertigkeit verleihen."
Unterstützt werden Helga und Dieter Kooke von einem engagierten Team von Ehrenamtlichen, die die Öffnungszeiten von "Aufgemöbelt" sicherstellen. Täglich außer montags ist das Geschäft von 10 bis 12 Uhr sowie von 16 bis 18 Uhr geöffnet, außerdem samstags von 10 bis 12 Uhr. "Wir sind aber auch sonst oft da und machen dann die Tür für Interessierte auf", sagt Helga Kooke.
Für das Abholen von gespendeten Möbeln sorgt ein Trupp von etwa acht Männern. Wer spenden möchte, schickt dazu per WhatsApp ein Foto der Möbel an Dieter Kooke. Dann wird entschieden, ob diese angeboten werden können. Wenn sie zu gebrauchen sind, holen die Männer die Möbel ab. In Ausnahmefällen helfen sie auch, wenn Hilfe beim Aufbau gekaufter Möbel benötigt wird, etwa bei Alleinerziehenden. "Zuletzt haben wir eine Küche und ein Schlafzimmer in den 4. Stock transportiert und aufgebaut", berichtet Dieter Kooke.
Doch nicht nur Hilfsbedürftige sollen im "Aufgemöbelt" eine Anlaufstelle finden. Der Wunsch: "Wir möchten für alle offen sein", sagt Helga Kooke. Deshalb verzichte man auch auf das rote Caritas-Erscheinungsbild und setze auf Grün als Farbe. Und das durchaus erfolgreich. "Wir haben auch Kunden aus der Mittelschicht. Auch Jüngere kommen, denen Nachhaltigkeit und Umweltschutz wichtig sind." Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis findet Anklang. So freute sich eine Kundin über einen Schnellkochtopf für zehn Euro, ein Mann staunte: "Die haben hier richtig gute Sachen." Und dennoch: "Im Volksmund ist es häufig immer noch der Caritas-Laden", sagt Dieter Kooke mit leichtem Bedauern in der Stimme.
Das Image aufpolieren
Am Image arbeitet die Caritas-Konferenz noch. Auch mit Unterstützung des Erzbistums Paderborn. Denn der Fonds für innovative Projekte sagte Unterstützung zu. Seit dem Frühjahr können etwa die Möbel, die aus Platzgründen nicht im Laden selbst gezeigt werden können, auf einem Bildschirm präsentiert werden. Und bei den Gesprächen am Küchentisch kann Christa Mertens einen guten Kaffee oder Cappuccino anbieten.
Ein großer Erfolg war die offizielle Eröffnung, die wegen der Pandemie erst am 26. September 2021 stattfand, dem Tag der Bundestagswahl, an dem auch ein Straßenfest mit Bierzelt und buntem Treiben direkt vor dem "Aufgemöbelt" viele anlockte, die auf dem Weg zum Wahllokal waren. Auch der Bürgermeister kam vorbei. "Da sind auch viele in den Laden gekommen, die sich sonst nicht trauen", sagt Christa Mertens.
Die Kaffeerunde ist inzwischen auch bei großen Fragen des Lebens angekommen. Wie mit Schicksalsschlägen und den schweren Dingen des Lebens umgehen? Dazu tauscht sich die Runde aus, aber auch über das, was Anlass zur Dankbarkeit gibt. "Mein Mann hat mich mal gefragt, worüber wir denn hier reden", erzählt Elisabeth Beckmann. "Ich habe gesagt: über alles", lacht sie.