Die sprachliche Entwicklung von Kindergartenkindern bestmöglich fördern - das ist das Ziel eines Programms des Bundesfamilienministeriums. Titel: "Sprach-Kita: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist". In den vergangenen vier Jahren begleiteten im Rahmen dieses Programms zwei Fachberaterinnen des Caritasverbandes für das Erzbistum Paderborn insgesamt 45 Kindertageseinrichtungen verschiedener Träger auf dem Weg zur Qualifizierung als Sprach-Kita. Dabei wurden in jedem Kindergarten jeweils Tandems aus Kita-Leitung und zusätzlicher Fachkraft ausgebildet. Zum Ende der Ausbildung erhalten nun die 90 ausgebildeten Erzieherinnen und Erzieher ihre Zertifikate.
"Alle Kinder sollen von Anfang an von guten Bildungsangeboten profitieren", erklärt Magdalena Scheer, Fachberaterin "Sprach-Kita" vom Diözesan-Caritasverband. "Es geht um Chancengerechtigkeit und darum, dass allen Kindern gute Bedingungen für ihren weiteren Bildungsweg mit auf den Weg gegeben werden, besonders auch Kindern aus bildungsbenachteiligten Familien und aus Familien mit Migrationshintergrund." Im Mittelpunkt des Bundesprogramms steht dabei die alltagsintegrierte sprachliche Bildung. Die im Programm ausgebildeten Tandems qualifizieren auch die übrigen pädagogischen Fachkräfte in der Kita, damit alle Kinder gleichermaßen profitieren können. "Die Erzieherinnen und Erzieher werden angeleitet, wie sie im Alltag die Kinder sprachlich am besten unterstützen können." Weitere Schwerpunkte der Ausbildung liegen in der inklusiven Pädagogik sowie bei der Zusammenarbeit und dem Austausch mit den Familien.
Nach vier Jahren zieht Magdalena Scheer ein positives Fazit: "In diesem Programm hat sich gezeigt, welch großen Nutzen die pädagogische Qualität von Kitas aus einer intensiven Betreuung durch die Fachberatung und durch eine zusätzliche Fachkraft in der Kita zieht." Wegen des großen Erfolges wurde das Bundesprogramm nun bis Ende 2022 verlängert - sehr zur Freude der beteiligten Kitas. Die prozesshafte Weiterentwicklung der pädagogischen Qualität komme nicht nur den Kita-Teams zugute, sondern ganz entscheidend den Kindern und ihren Familien. "Somit setzt das Programm einen Meilenstein in der gerechten Teilhabe aller an Bildung", sagt Magdalena Scheer.
Was Kinder zum Erlernen von Sprache brauchen
Caritas-Fachberaterin Magdalena Scheer zur Notwendigkeit der sprachlichen Förderung von Kita-Kindern
45 Kindertageseinrichtungen im Erzbistum Paderborn haben in den vergangenen vier Jahren am Bundesprogramm "Sprach-Kita: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist" teilgenommen. Magdalena Scheer ist eine der beiden Fachberaterinnen des Diözesan-Caritasverbandes, die jeweils Tandems aus Kita-Leitung und zusätzlicher Fachkraft ausbildeten.
Frau Scheer, warum ist ein Projekt wie "Sprach-Kita: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist" nötig?
Man hat bereits vor einigen Jahren festgestellt, dass Kinder aus bildungsfernen Haushalten und aus Familien mit nicht-deutschen Familiensprachen vielfach Probleme in unseren Schulen bekommen, nicht nur im Deutschunterricht. Unser Schulsystem ist auf den Umgang mit der Bildungssprache in Wort und Schrift ausgerichtet. Kinder, denen der Umgang mit der deutschen Sprache nicht selbstverständlich ist, haben von Anfang an einen Nachteil in der Schule, den sie offenbar auch nur sehr schwer aufholen können. Mit dem Programm Sprach-Kita möchten wir diese ungleichen Chancen der Kinder vor Eintritt in die Schule ausgleichen.
Wo bestehen heute bei Kindern sprachliche Defizite? Was fällt Erzieherinnen und Erziehern konkret auf?
Wir haben zum einen Kinder, die bis zum Eintritt in den Kindergarten noch gar kein Deutsch können. Dann gibt es aber auch Kinder, deren Wortschatz deutlich unter dem Altersdurchschnitt liegt, die auch mit drei Jahren noch keine vollständigen Sätze bilden können, die einfache Zusammenhänge oder Erlebnisse nicht in Worte fassen können. Auch gibt es Kinder, die einfache sprachliche Aufträge nicht verstehen. Und dann haben wir noch die ganz jungen Kinder unter drei Jahren hinzu bekommen, die sowieso gerade erst die Sprache lernen.
Welche Ursachen könnten diese Defizite haben?
Selbst bei Kindern mit diagnostizierten Sprachentwicklungsstörungen können wir bezüglich der Ursachen oft nur Vermutungen anstellen. Aber grundsätzlich brauchen Kinder vor allem gute Beziehungen zu anderen Menschen, um die Sprache zu entwickeln und erlernen. Sprachangebote aus Medien - aus Radio, Fernsehen oder vom Tablet - haben nie die Wirkung, die Sprache in direktem physischen Kontakt und verbunden mit positiven Gefühlen hat. Kinder brauchen Menschen, die für sie da sind, die Zeit für sie haben und die gerne und liebevoll mit ihnen in Kontakt treten. Vielleicht fehlt es uns daran manchmal im hektischen Familienalltag? Es wichtig, den Kindern im direkten Kontakt ein gutes sprachliches Vorbild zu sein und ihnen in Ruhe zuzuhören und ihre Sprache anzureichern: "Putt." - "Oh ja, der Turm ist kaputtgegangen. Bist du traurig?"
Was können Eltern tun, um die sprachliche Entwicklung ihres Kindes zu fördern?
Bereits während der Schwangerschaft lernt das Ungeborene die Stimme der Mutter kennen und erkennt die eigene Muttersprache. Daher sollten Eltern ruhig bereits vor der Geburt mit ihrem Ungeborenen sprechen. Kleine Kinder profitieren von dem sogenannten "Sprachbad": Alles Handeln im Beisein des Kindes in Sprache fassen und keine Angst vor "Ammensprache" oder "Baby Talk" haben - also hohe Stimmlage, kurze Sätze, langsames Sprechen, Lautmalereien: "Ei, guck ein Vogel - piep piep piep". Gemeinsam Bilderbücher anschauen, Kinderlieder singen, Geschichten vorlesen und erzählen. Sprache benötigt wie eigentlich alle menschlichen Tätigkeiten Vorbild, Freude und Wiederholung.
Wie unterstützen die Sprach-Kitas Eltern dabei?
Die pädagogischen Fachkräfte tun genau das den ganzen Tag mit den Kindern und ermutigen die Familien der Kinder darin, ebenso mit ihren Kindern umzugehen. Sie tauschen sich regelmäßig mit den Eltern über den aktuellen Entwicklungsstand der Kinder aus, sie erzählen den Eltern, was sie über Tag mit den Kindern erlebt haben und liefern Ideen für zuhause, sie geben etwa Liedtexte, Buchempfehlungen und Spielanregungen weiter. Diese Unterstützungen liefen übrigens vielfach während des Lock-Down intensiv per E-Mail, Telefon, Brief und teilweise sogar per Video.