Dass die Bundesregierung in der "Konzertierten Aktion Pflege" die dringend notwendigen Verbesserungen der Rahmenbedingungen in der Pflege auf den Weg bringen will, begrüßt der Diözesan-Caritasverband Paderborn ausdrücklich. "Die Möglichkeit, künftig die tatsächlich erforderliche Zahl an Pflegekräften einzustellen und deren Refinanzierung zu sichern, ist ein wichtiger Baustein, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern", sagt Brigitte von Germeten-Ortmann, Leiterin Gesundheits- und Altenhilfe bei dem Dachverband, der die Interessen von Pflegeeinrichtungen der Caritas mit mehr als 40.000 Mitarbeitern vertritt. Allerdings brauche es noch ein fundiertes Instrument zur Pflegepersonalbedarfsbemessung, so von Germeten-Ortmann.
Kritisch sieht dagegen Norbert Altmann, Leiter Personal, Arbeitsrecht und Tarifpolitik beim Diözesan-Caritasverband, den von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil angestrebten allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Pflege. "Aber nicht, weil wir höhere Kosten befürchten würden, im Gegenteil: Wir befürchten, dass das überdurchschnittliche Vergütungsniveau der Caritas und weitere gute Beschäftigungsbedingungen, die wir bieten, dadurch gefährdet werden", erklärt Altmann, der auch deutschlandweit für die Dienstgeber der Caritas die Vergütungstarife aushandelt. Da private Anbieter in der Pflege weit weniger als die Caritas zahlen würden, würde ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag deutlich unter Caritas-Niveau liegen und womöglich zur Norm für die Refinanzierung durch die Pflegekassen werden, befürchtet Altmann. "Die Dienstgeber der Caritas stünden damit zukünftig schlicht vor dem Problem, ihre Beschäftigten nicht mehr auf gewohnt hohem Niveau vergüten zu können."
Zum Vergleich: Eine examinierte Pflegekraft verdient bei der Caritas in der Regel je nach Dienstalter zwischen 16 und mehr als 20 Euro pro Stunde - also mehr als der Durchschnittsverdienst von 14,24 Euro in der Altenhilfe und 16,23 Euro in der Krankenhilfe, den die Hans-Böckler-Stiftung ermittelt hat. "Darüber hinaus werden unsere Pflegekräfte in der Altenhilfe gleich vergütet wie in der Krankenhilfe. Zudem erhalten sie eine betriebliche Altersversorgung", betont Altmann. Das sei auch der speziellen Tariffindung innerhalb der Caritas als Teil der katholischen Kirche im Rahmen des sogenannten "Dritten Weges" zu verdanken. Diese arbeitsrechtliche Sondersituation müsse bei den Bemühungen um einen allgemeinverbindlichen Tarif berücksichtigt werden, fordert Altmann.
Sehr problematisch ist aktuell immer noch die Situation in der Altenpflegeausbildung in NRW, sagt Brigitte von Germeten-Ortmann. Während die von der Landesregierung kürzlich beschlossene Reform den Schulen für Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpflege ermögliche, dass diese ihre Ausbildungskapazitäten erhöhen, stehen die Altenpflege-Seminare in NRW vor der absurden Situation, trotz großen Mangels an Pflegekräften womöglich schließen zu müssen. Denn die Landesförderung deckt dort bei weitem nicht die Kosten, erklärt von Germeten-Ortmann. Pro Platz fördere das Land die Ausbildung derzeit mit 280 Euro pro Monat und Auszubildendem. Die realen Kosten liegen dagegen bei mindestens 490 Euro. "Das kann nicht mehr lange gut gehen", befürchtet von Germeten-Ortmann. Die elf katholischen Fachseminare für Altenpflege im Erzbistum Paderborn bilden zurzeit 1300 Fachkräfte aus.